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Westdeutsche Zeitung: zu: Krise der Mittelschicht

Archivmeldung vom 10.03.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.03.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Was waren das Zeiten, damals in den 50er Jahren, als Soziologen dem Wirtschaftswunderland eine "nivellierte Mittelstandsgesellschaft" versprachen. Als Forscher davon ausgingen, dass Wohlstand und Bildung künftig Allgemeingut sein würden.

Natürlich: Wer die historische Perspektive wählt, darf auch nicht verschweigen, dass die Mittelschicht bis in die 50er Jahre eine kleine gesellschaftliche Gruppe war. Und dass in der deutschen Wissensgesellschaft der Gegenwart 60 Prozent der Menschen zur wohlhabenden Mitte gehören.

Doch es geht die Angst um; wer Deutschland aus der Perspektive seines Zentrums betrachtet, fühlt sich von oben durch Heuschrecken bedroht, von unten durch Sozialschmarotzer. Viagra-Kalle und Florida Rolf auf der einen Seite, Banker Josef Ackermann auf der anderen Seite sind die symbolischen Feindbilder eines Bürgertums, das Globalisierung als trauriges Schicksal begreift.

Die Angst vor der Armut ist von den Rändern der Gesellschaft ins Zentrum gewandert, kriecht langsam die Bürotürme hinauf. Und sie lässt sich nicht als typisch deutsche Hysterie abtun, wie die Mittelstandsstudie der Quandt-Stiftung beweist. Schonungslos offenbart sie die Krisensymptome bürgerlicher Milieus und ist dennoch das Plädoyer für eine erneuerte, starke Mitte.

Noch ist davon wenig zu erkennen. Die Volksparteien taumeln verunsichert durch eine zunehmend bizarre Klassengesellschaft, verunsichert wie das Bürgertum selbst, das sie repräsentieren wollen. So lange sich weite Teile der Mitte in ihre private Schmollecke zurückziehen, weil sie angewidert von der Politik sind, wird sich daran nichts ändern. Eigeninitiative, Verantwortung, Werte jenseits der kurzlebigen Spaßgesellschaft sind keine altmodischen Tugenden, sondern das Rüstzeug für eine Welt, der die alten Gewissheiten abhanden gekommen sind.

Die Mittelschicht braucht neues Selbstbewusstsein. Sie braucht den Mut, politisch zu gestalten und den Willen, alte Barrieren zu beseitigen. Denn so lange ein ungerechtes Bildungssystem und ein erstarrter Arbeitsmarkt den Aufstieg "von unten" verhindern, wird sie weder ihre Auszehrung, noch ihre Panik vor dem Absturz überwinden.

Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Zeitung

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