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Neue Westfälische (Bielefeld): Lizenz zum Gelddrucken

Archivmeldung vom 03.12.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.12.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert. Wer einmal eine Pleite erlebte und die Hosen herunterlassen musste, dem hilft es nichts, wenn er sich hinterher schämt. Aber er sollte etwas ändern. Die finanziell ruinierten Staaten von Europa würden ganz in diesem Sinne jetzt gern Geld drucken. Wahrscheinlich bleibt ihnen auch gar nichts anderes übrig. Pleitiers haben es oft schwer, neuen Kredit zu bekommen. Denn ihr Bankrott ist eine Enteignung für die Gläubiger.

Politiker wie FDP-Wirtschaftsminister Philipp Rösler scheinen das bisweilen zu vergessen. Normale Firmen-Insolvenzen gehören für Banken und Investoren natürlich ins Kalkül. Staatspleiten aber durften in der Eurozone als ausgeschlossen gelten. Seitdem Banken gezwungen sind, griechische Staatsanleihen abzuschreiben, ist alles anders. Versprechen gebrochen, Vertrauen verspielt. Immer neue Rettungswege und Notfallpläne werden der staunenden Öffentlichkeit seit Monaten präsentiert. Der neueste Trick heißt "nationale Tilgungsfonds" und wurde von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vorgestellt. Doch ängstliche Anleger durchschauen alle Mätzchen und Finessen. Sie prüfen kühl, wie realistisch die Tilgungspläne klingen. Große Chancen dürfte die Umschichtung der Schuldenberge nach Schäubles Muster nicht haben. Dafür fehlt die Vertrauensbasis. So wird der Ruf nach der Europäischen Zentralbank immer lauter. Nur die Notenbank kann die Geldmenge beliebig erhöhen: Wirft die vom Italiener Mario Draghi geführte EZB die Notenpresse an (ganz in der Tradition italienischer Geldpolitik, wie Spötter sagen), wird die Finanzierung der öffentlichen Haushalte praktisch verstaatlicht. Das ist in unserem System nicht vorgesehen, aber es tut auch nicht unbedingt weh. Der private Finanzmarkt wird umgangen, ja. Inflation aber ist nicht notwendigerweise die Folge, solange die Zentralbank nur in dem Ausmaß Geld gibt, in dem die privaten Banken sich zurückziehen. Und solange die Staaten sparsam sind. Machen wir uns nichts vor: Wann haben Staaten ihre Sparziele schon eimal erreicht? Nicht nur in Griechenland oder Italien, auch in Deutschland waren die meisten Sparpläne irgendwann Makulatur. Die Befürchtung, dass die EZB über das Ziel hinausschießen wird, liegt nahe. Die Lizenz zum Gelddrucken ist eben allzu verführerisch. Süßes Gift. Im Prinzip aber könnte der durch Anleihenkäufe längst eingeleitete Einsatz der EZB zum Ziel führen. Tatsächlich erscheint er als einziger Weg, um ein unwägbar teures Desaster, das Auseinanderbrechen der Eurozone, zu verhindern. Wer dachte, man könne eine gemeinsame Währung ohne gemeinsame Haftung haben, ist widerlegt. Die Bundesregierung darf ihre Kraft jetzt nicht damit vergeuden, das Unvermeidliche zu verhindern. Nicht genieren: Berlin muss gestalten. Es gilt, den Einsatz der Notenbank vernünftig zu planen und zu zügeln. Am Ende ist sonst nicht nur der Ruf ruiniert und das Vertrauen futsch, sondern auch der Geldwert dahin.

Quelle: Neue Westfälische (Bielefeld) (ots)

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