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Ist das schon Nazisprache? ZDF-"Kabarettistin" bezeichnet Ungeimpfte als Blinddarm

Archivmeldung vom 07.12.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.12.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić

Dagmar Henn schrieb den folgenden Kommentar: "Schon seltsam: Da wird beständig gegen "Hass und Hetze" im Netz geredet und gleichzeitig verroht die Sprache von Politik und Medien immer mehr. Selbst auf dem scheinbar unschuldigen Feld der "Comedy" werden Mordfantasien verbreitet."

Henn weiter: "Es war unheimlich genug die letzten Wochen; erst die Kampagne gegen Kimmich, in der das "gesunde Volksempfinden" schon als Generalbass zu hören war, dann eine ganze Flut von Kommentaren in den Gazetten, die das "Ende der Geduld mit den Ungeimpften" bekundeten, und jetzt das: ein Zitat, das eine direkte Parallele zur Aussage eines SS-Arztes herstellt:

"Wäre die Spaltung der Gesellschaft wirklich etwas so Schlimmes? Sie würde ja nicht in der Mitte auseinanderbrechen, sondern ziemlich weit rechts unten. Und so ein Blinddarm ist ja nicht im strengeren Sinne essentiell für das Überleben des Gesamtkomplexes."

Das ist die Aussage des SS-Arztes Fritz Klein, tätig an der Selektionsrampe in Bergen-Belsen, hingerichtet in Hameln am 13.12.1945:

"Aus Ehrfurcht vor dem menschlichen Leben würde ich einen eiternden Blinddarm aus einem kranken Körper entfernen. Der Jude ist der eiternde Blinddarm im Körper der Menschheit."

Es ist kein ungewöhnliches Zitat für einen überzeugten Nazi. Im Rückblick vergisst man oft, dass auch die Unmenschlichkeit der SS sich auf "Wissenschaft" bezog, Eugenik in vielen Ländern Mode war und sich damals ganze Kolonialreiche, die ein ähnliches Niveau von Menschenverachtung erreichten, auf Konstruktionen wie "Rassenkunde" beriefen. "Volksgesundheit" war ein weiterer zentraler Begriff, der dazu diente, von der Diskriminierung über die Ermordung ganzer Bevölkerungsgruppen bis hin zum Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion vielerlei Arten der Unmenschlichkeit zu rechtfertigen.

Sarah Bosetti, Tochter aus guter Familie, ist natürlich völlig überzeugt davon, ihr Satz und der darunter zitierte hätten nichts miteinander gemein. Vermutlich, weil sie in ihrem auch in der ZDF-Mediathek abrufbaren Video nach der Erwähnung des Blinddarms und der Tatsache, dass sich dieser durch Vereiterung bemerkbar mache, den nächsten Gedankenschritt, dass dann die Entfernung des Blinddarms für das "Überleben des Gesamtkomplexes" erforderlich ist, und was Entfernung bezogen auf eine Gruppe von Menschen bedeutet, dem Zuhörer überlässt.

Eine erstaunliche Vorstellung, oder? Ein Blinddarm, der sich abspaltet? Nein, werte Sarah Bosetti, das genau haben Sie nicht gesagt. Das lässt die von Ihnen gewählte Metapher nicht zu. Im Gegenteil, sie strebt aus sich selbst heraus zu genau jenem Schluss, der sich in dem Zitat des Nazi-Arztes findet.

Nun wäre es möglich gewesen, sich schlicht für eine missratene Metapher zu entschuldigen. Dann könnte man die ganze Aussage vergessen. Mit Worten wie: "natürlich lehne ich Gewalt gegen nicht Geimpfte ab" wäre alles gut. Nur, dieser Schritt passiert nicht. Sie behauptet, es anders gemeint zu haben, als es in dem Video und verschärft noch in ihrem Tweet tatsächlich steht.

Übrigens, in eben diesem Video, das man sich ansehen soll, um angeblich zu begreifen, dass das alles nicht so schlimm ist, behauptet sie nach einem langen Lamento, wie schrecklich das Leben unter den Corona-Maßnahmen sei: "Wir alle wissen, wer die Schuld an dieser vierten Welle trägt." Die Ungeimpften natürlich.

Erst erweckt sie also Mitleid und sorgt dafür, dass die ebenso unter den Maßnahmen leidenden Zuschauer sich mit ihr identifizieren, dann erklärt sie die nicht Geimpften zu den Schuldigen an der vierten Welle (und nein, diese Behauptung ist wissenschaftlich nicht haltbar), um schließlich zu ihrer Blinddarm-Metapher zu kommen, die eine Vernichtungsfantasie schürt, auch wenn sie das abstreitet.

Am Beispiel des SS-Arztes Fritz Klein lassen sich gleich mehrere Dinge belegen. Zum ersten, dass es Akademiker waren, besonders ausgeprägt Mediziner, die sich der Naziideologie verschrieben. Menschen aus gut situierten Familien, denen das Gefühl der Überlegenheit so natürlich schien wie das Atmen; die ein Schulsystem durchlaufen hatten, das ihnen genau dieses Gefühl beständig eingeimpft hatte (und bis heute einimpft). Die sich im Einklang mit der Wissenschaft fühlten, während sie Menschenversuche in Konzentrationslagern durchführten, wie Mengele, oder behinderte Kinder verhungern ließen.

Die Lehre, die daraus hätte gezogen werden müssen (und die in jenem verschwundenen anderen Teil Deutschlands auch gezogen wurde), ist, dass ohne einen klaren Maßstab der Menschlichkeit die Wissenschaft größere Schrecken produzieren kann als der Aberglaube.

Aber dieses Maß, diese Achtung des anderen, ist völlig entschwunden. Bosetti begreift nicht, dass sie, eingebettet in das durch Zwangsgebühren finanzierte ZDF, in der Rolle der Verfolgenden steht und nicht in der der Verfolgten. Sie sieht sich, nach ihrer Aussage, als Opfer eines "orchestrierten Shitstorms von rechts".

Es ist nicht ihr individueller Fehler, nicht zu erkennen, wie weit rechts sie steht. Schließlich wurde ihr nie erklärt, was Antifaschismus ausmacht; sie glaubt vermutlich, wie viele in ihrer Generation, man sei Antifaschist, wenn man gegen Nazikundgebungen demonstriert. So billig geht das aber nicht. Schon allein deshalb, weil nicht überall Nazi draufsteht, wo Nazi drin ist.

Die größten Förderer der Nazifaschisten, die IG Farben (nicht nur Chemie-, auch Pharmakonzern), millionenfache Profiteure der Zwangsarbeit, Lieferanten und Nutznießer der Vernichtungslager, werden im bundesdeutschen Geschichtsunterricht nicht einmal benannt. Die ungeheure Kooperationswilligkeit der deutschen Akademiker ebenfalls nicht, ganz zu schweigen von der fatalen Kontinuität des staatlichen Apparats in der Westrepublik.

Man muss schon wenigstens die antifaschistische Exilliteratur lesen, um zu begreifen, was Antifaschismus wirklich bedeutet. Wie groß die Gefahr ist, angesichts des Monsters die eigenen menschlichen Maßstäbe zu vergessen. Brecht, Seghers, Heinrich Mann, Kurt Tucholsky, Ludwig Renn – es ist eine lange Liste inzwischen wieder aus den Lehrbüchern gestrichener Autoren. Bei ihnen kann man lernen, dass Menschlichkeit ein beständiges Ringen ist. Und dass es ohne dieses Ringen keinen Antifaschismus gibt.

Frau Bosetti denkt schlicht. Solange sie diejenigen liebt, die zu lieben gerade angesagt ist, und diejenigen hasst, die zu hassen Mode ist, glaubt sie, alles sei gut. Sie verachtet die Zuschauer von Fußballspielen, weil die Verachtung für den arbeitenden Teil der Menschheit hierzulande normal ist. Und Ungeimpfte darf man derzeit ausgiebig hassen.

Bosetti sieht nicht, dass Menschenverachtung nicht am Objekt festgemacht wird, sondern vom Subjekt ausgeht. Sie übersieht die Tatsache, dass ein Fritz Klein seine Sätze unter einer Regierung schrieb, die genau diese Sicht auf genau diese Gruppe stützte und verbreitete; dass entsprechende Sätze in jeder Zeitung zu lesen waren. So, wie in jeder Zeitung heute wüste Tiraden gegen Ungeimpfte zu lesen sind, die, so wie die Sätze von Bosetti, gerade einen Millimeter vor der expliziten Vernichtungsfantasie enden.

Nein, eine Mehrheit der Bevölkerung hatten die Nazis wohl eher nicht hinter sich. Unzweifelhaft aber eine Mehrheit der professionellen Meinungserzeuger und -verbreiter, der Journalisten, der Anwälte, der Mediziner; und auch sie hatten ihre eigenen Komödianten. Doch selbst unter letzteren ist die Generation, die noch einen instinktiven Widerwillen dagegen besaß, jene zu hassen, die zu hassen gerade vorgegeben wurde (die RAF zum Beispiel), inzwischen ausgestorben, und übrig sind aufgeblasene höhere Töchter, die es nicht einmal merken und verstehen, wenn sie sich aus dem Wörterbuch des Unmenschen bedienen.

Vielleicht sollte man Geld sammeln und ihr wenigstens das Reclamheft von Viktor Klemperers "Lingua Tertii Imperii" schenken. Darin kann sie auch folgendes kleines Zitat lesen:

"Was jemand willentlich verbergen will, sei es nur vor anderen, sei es vor sich selber, auch was er unbewusst in sich trägt: die Sprache bringt es an den Tag. Das ist wohl auch der Sinn der Sentenz: le style c'est l'homme; die Aussagen eines Menschen mögen verlogen sein – im Stil seiner Sprache liegt sein Wesen hüllenlos offen."

"Und so ein Blinddarm ist ja nicht im strengeren Sinne essenziell für das Überleben des Gesamtkomplexes" ist eine etwas verhülltere Mordfantasie als jene des echten historischen Mörders, aber eine Mordfantasie bleibt es dennoch. Dass eine junge blonde Komödiantin sie im öffentlichen Fernsehen ausspricht – und nicht ein SS-Scherge in Uniform mit Totenkopf – macht sie nicht weniger abscheulich. Im Gegenteil.

Zum Schluss noch ein paar Worte an all jene, die jetzt meinen, dies Nazisprache zu nennen sei eine Verharmlosung des Holocaust. Die Sprache der Nazis war schon mörderisch, noch ehe sie an die Macht kamen. Die Herren der IG Farben entschieden sich für sie eben wegen ihrer mörderischen Qualitäten. Sie lebten diese Qualitäten offen aus, und zwar sofort nach dem Reichstagsbrand; dieser Teil der Erzählung wird in Neugroßdeutschland gerne ausgelassen, weil die ersten Opfer die Kommunisten waren. Das geschah Jahre vor den Nürnberger Rassengesetzen, deren juristischer Urheber in der BRD weiter Karriere machte.

Die Sprache war auch mörderisch gegenüber der Sowjetunion. Die "jüdisch-bolschewistischen Machthaber" wurden überfallen, um das Land zu entvölkern und anschließend "arisch" zu besiedeln. Auch dieser Teil der Nazisprache schwappt wieder empor, in der antirussischen Propaganda. In der deutschen Innenpolitik war es eine unter dem Minister Wolfgang Clement herausgegebene Broschüre zur Diffamierung Erwerbsloser, die offen und ungehemmt von "Parasiten" sprach. Das war Nazisprache. Die Justiz hielt es aber nicht für nötig, das als Volksverhetzung zu ahnden.

Inzwischen blitzen ähnliche Formulierungen immer wieder hervor, als handele es sich um eine flüchtige Tünche, die nun abbröckelt und die ursprüngliche Farbe wieder sichtbar macht. Etwas Nazisprache zu nennen, bedeutet nicht, sich im Jahr 1942 zu wähnen. Aber ich bin mir nicht mehr sicher, ob 1932 noch genügt."

Quelle: RT DE von Dagmar Henn

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