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BERLINER MORGENPOST: Der Versöhner und die Unversöhnlichen

Archivmeldung vom 10.01.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.01.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Timothy McVeigh zeigte keine Reue, als er 2001 hingerichtet wurde. Seine Anwälte hatte er angewiesen, nichts gegen das Todesurteil zu unternehmen. "168:1", soll er kurz vor der Exekution gesagt haben. McVeigh hatte am 19. April 1995 einen Lastwagen mit selbst gemischtem Sprengstoff vor ein Verwaltungsgebäude in Oklahoma City gefahren. Die Detonation brachte 168 Menschen den Tod, 800 wurden verletzt.

Über Motive und Hintermänner hat der amerikanische Terrorist nie viel verraten. Offensichtlich war nur, dass Hass auf die demokratische Clinton-Regierung den rechtsextremen Waffennarren ebenso beseelte wie jener irre Märtyrertrieb, der kein Monopol religiöser Fanatiker ist. Auch wenn die Hintergründe des Blutbads von Arizona noch im Dunkeln liegen, so sind Parallelen zu Oklahoma zu erkennen. Wie McVeigh fühlte sich auch der Tatverdächtige Jared Lee L. abgehängt und ausgegrenzt, er las angeblich Hitlers "Mein Kampf", aber auch Karl Marx und hasste offenbar Obama und die Demokraten. Der Kopfschuss auf die demokratische Abgeordnete Gabriella Giffords kommt einer versuchten Exekution gleich. Gut möglich auch, dass ihr jüdischer Glaube eine Rolle spielte. Handelt es sich nun um psychisch verwirrte Einzeltäter, die wie fast alle Amokschützen und Terroristen in einer kranken Parallelwelt unterwegs sind, wo nur noch Rache zählt? Geschehen solche Taten zwangsläufig immer mal wieder, unvorhersehbar wie eine Naturkatastrophe? Arizonas Sheriff Clarence Dupnik mag die Theorie vom grausamen Zufall nicht akzeptieren. Dupnik spricht von einem gesellschaftlichen Klima des Hasses und der Vorurteile, das psychisch instabile Charaktere weiter aufheize. In der Tat: Die Zockereien der Wall Street, für die die amerikanischen Durchschnittswähler bitter bezahlen, die unselige Melange von ökonomischer Krise, Kriegen und damit einhergehendem Ego-Schaden hat schwere Verwüstungen in der amerikanischen Seele angerichtet - tiefer wurzelnd als die Traumata Waco, Somalia und Golfkrieg, die McVeigh Mitte der 1990er umtrieben. Dem erklärten Versöhner Obama ist es nicht gelungen, Amerikas Gemeinsamkeiten in den Mittelpunkt von Denken und Handeln zu rücken. Im Gegenteil: Die Wahl des ersten Farbigen ins Präsidentenamt scheint das Klima in manchen Gegenden und Schichten zusätzlich zu vergiften. Betont wird in den USA derzeit allenthalben das Trennende - die für jede Debatte notwendige Polarisierung ist vielfach ins Unversöhnliche gekippt. Einst halbwegs besonnene Medien scheuen vor Hetze nicht zurück, die sinistre Sarah Palin markiert die Wahlkreise von Abgeordneten, die nicht in ihrem Sinne stimmten, mit Fadenkreuzen, auch den von Gabriella Giffords. Es wird kaum zu belegen sein, dass die Morde von Arizona in einem gemäßigteren Klima nicht stattgefunden hätten. Gleichwohl sind die Schüsse eine brutal klare Mahnung, die Regeln zivilisierten Miteinanders und eines fairen politischen Diskurses neu zu beleben. Gnadenloser Kampf der Kulturen darf kein innenpolitisches Verhaltensmuster werden. Gegenseitigen Respekt ist die hochdynamische und wettbewerbsharte US-Demokratie sich und der Welt schuldig.

Quelle: BERLINER MORGENPOST

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