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DER STANDARD-Kommentar: "Eine feine Jagdgesellschaft"

Archivmeldung vom 28.03.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.03.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Günther Platter führt gerade anschaulich vor, wie leicht es in Österreich ist, sich die Gunst eines Politikers zu erkaufen. 2000 Euro für den Abschuss einer Gams, 900 für einen Rehbock, 1500 für einen Vierzehnender oder, wenn es auch einmal was Kleineres sein darf, 290 Euro für ein Murmeltier. Wenn es stimmt, was kolportiert wird, dann hat Platter bei sieben Jagden immerhin sechs Tiere erlegt. Er selbst nimmt ja keine Stellung dazu, weil er sich nicht "kriminalisieren" lässt, wie er sagt.

Was sich jedenfalls sagen lässt: Der Landeshauptmann nimmt offenbar gerne. Herumballern auf anderer Leute Kosten, das ist für den Tiroler Landeshauptmann ein ganz normales "Freizeitvergnügen im eigenen Land". Platter lässt sich von Wirten, Unternehmern, Bürgermeistern und Agrargemeinschaften einladen. Er glaubt, dass dies zu seinen Privilegien als Landeshauptmann, vielleicht auch zu seinen Verpflichtungen als Politiker gehört. Genau das ist der grundlegende Irrtum, dem Platter aufsitzt, wie auch so viele andere Politiker in Österreich. Es ist nicht in Ordnung, sich beschenken zu lassen. Das ist immer eine Gratwanderung zur Bestechung. Platter führt die monatelang geführte Diskussion über Korruption und ihre Bekämpfung ad absurdum, wenn er immer noch nicht erkennen kann, was möglich ist und was nicht. Genau darum geht es in der Debatte um das "Anfüttern" von Politikern. Da wird darüber diskutiert, ob ein Wert von hundert Euro bei Einladungen überhaupt noch vertretbar sein kann, und Platter verpulvert ein Zigfaches davon, ohne sich etwas dabei zu denken. Das Anfütterungsverbot gilt auch für den Landeshauptmann, und dieser verdient in Tirol immerhin 14.688 Euro, könnte sich ein Murmeltier also durchaus selbst leisten. Korruption wird in Österreich immer noch verharmlost. Das zeigt auch die Reaktion von ÖVP-Chef Michael Spindelegger, der sich schützend vor Platter stellt und "nichts Schlechtes" an den Jagdeinladungen erkennen kann. Würde es schon den von Spindelegger angekündigten Verhaltenskodex geben und wäre dieser auch nur halbwegs ernst gemeint, hätte Platter schwer dagegen verstoßen. Man nimmt als Politiker keine Geschenke an, man nimmt keine Einladungen an, die Grundlage für ein "Gegengeschäft", eine Gefälligkeit sein könnten. Aber offenbar gilt in der ÖVP "Lass dich nur nicht erwischen" als oberstes Gebot. Dieser verharmlosende Zugang, der alles entschuldigen soll, was die Politik so widerlich macht, bringt den gesamten Berufsstand in Verruf. Da lassen sich Abgeordnete über staatliche Unternehmen den Wahlkampf finanzieren, da werden für Parteizeitungen Inserate gekeilt, da wird ohne Genierer genommen, da wäscht eine Hand die andere. Und die ÖVP steckt besonders tief drinnen. Niemand braucht sich wundern, wenn die in der Öffentlichkeit vorherrschende Meinung sich rasch auf einen Punkt bringen lässt: "korruptes Pack". Mit einem Verhaltenskodex, der aus Spindeleggers Sicht offenbar Gämsen und Hirschen toleriert, wird diesem schlechten Ruf nicht beizukommen sein. Mit einem Parteienfinanzierungsgesetz, das Vorfeldorganisationen und Firmenbeteiligungen außer Acht lässt, wie das die SPÖ aus offensichtlichem Eigeninteresse betreibt, auch nicht. Die Politik muss jetzt handeln, sie muss Gesetze umsetzen. Die Politiker müssen Anstand zeigen, manche - und nicht wenige _- müssen diesen offenbar erst lernen.

Quelle: Der Standard (ots)

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