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Leipziger Volkszeitung zum Putin-Besuch

Archivmeldung vom 11.10.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.10.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Angesichts von Lage, Größe sowie ökonomischer und energetischer Ausstattung kann sich Europa im Umgang mit Russland vieles leisten - zu allererst auch das unversöhnliche Drängen auf Einhaltung eines Grundstandards in Wertefragen.

Aber ganz sicher gehört nicht zur europäischen Handlungsalternative die nassforsche Behauptung der Bush-Administration, man sei nicht angewiesen auf eine strategische Partnerschaft mit Russland. Die Weltmacht im Osten, ein weniger umstrittenerer Teil Europas als beispielsweise die Türkei, ist entweder Partner oder Gegner. Letzteres wäre gleichbedeutend mit einem Rückfall in den Kalten Krieg.

Deutschland - und das liegt nicht nur an Kohl und Schröder, den Sauna- und Kumpelfreunden mit den jeweiligen russischen autokratischen Potentaten - ist der Brückenbeauftragte zwischen Russland und Europa. Aus dieser Rolle kann Berlin nicht raus, egal wer hier, wer dort regiert. Schlau und verantwortlich verhält sich, wer auf dieser Basis seinen Handlungsspielraum ausschöpft und nicht derjenige, der meint, es käme auf die dicksten Kumpeleien, auf die größten Schlagzeilen oder bloß auf das gesponserte Spektakel zwischen Schalke 04 und Putins halbstaatlicher Gazprom an.

Strategische Spielereien, wie sie womöglich dem einen oder anderen Westentaschen-Diplomaten einfielen, um Russland gegen ein merkwürdiges Bush-Amerika auszuspielen, sind getrost zu vergessen. Es ist ein Gebot der Klugheit, Russlands inneren Wandel durch eine vielfältige Einbindung zu begleiten. Merkel, die russisch sprechende Duz-Freundin Putins, lässt eine gewisse wohltuende Distanz zu alberner Staatsgipfelei im Umgang mit Russlands Mächtigen erkennen. Da, wo andere, etwa im Tschetschenien-Konflikt, Kritik hinter meist verschlossener Tür übten, verlangt sie auch offen Mindeststandards zum Schutz von Leben, Meinungsfreiheit und demokratischer Strukturen. Das ist aber nicht viel mehr als eine Verhaltenskorrektur in homöopathischen Dosen. Putin hat gelernt, auch damit umzugehen. Sie werden, so das nüchterne Fazit interessanter russisch-deutscher Dialogstunden in Dresden, nichts daran ändern, dass Russland nicht durch lautstarke Provokation, sondern nur durch die Verbindung von aufrechter Kritik und beständiger Annäherung ein akzeptierter europäischer Partner wird.

In Russland passiert nichts Wichtiges ohne Wissen von Putins Kuratel. Die Ermordung von Anna Politkowskaja ist der jüngste spektakuläre Fall einer systematischen Ausschaltung einer kritischen Medienwelt. Der Weg Russlands vom Zarismus und Sowjetimperialismus zum globalen Weltmachtpartner beinhaltet die Ermordung der Freiheit des Wortes. Das Angebot des Staatspräsidenten zur Partnerschaft bei Industrie und Energie geht einher mit der zunehmenden Abschottung der russischen Märkte vor ausländischer Kooperation. Demokratie wird missbraucht zum Erhalt einer vordemokratischen Präsidialstruktur. Russlands Weg in die Moderne ist voller Widersprüche. Aber das ändert nichts am gemeinsamen Lebensraum mit Europa.

Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung

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