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Mittelbayerische Zeitung: Politiker: Wie hätten wir sie gerne?

Archivmeldung vom 24.08.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.08.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Der Staatsdienst muss zum Nutzen derer geführt werden, die ihm anvertraut sind, nicht zum Nutzen derer, denen er anvertraut ist." Schon im alten Rom machte sich Marcus Tullius Cicero seine Gedanken über die Politiker. Edel und hehr sollen unsere Volksvertreter sein, doch in der Realität sind wir meistens ziemlich unzufrieden mit ihnen. Kaum eine andere Berufsgruppe muss sich so oft bewerten lassen.

Da gibt es den ARD-Deutschlandtrend, wöchentliche Forsa-Umfragen, die Meinungsgurus aus Allensbach am Bodensee. Wehe, wenn in ihren Rankings ein Politiker auf der Beliebtheitsskala nach unten rutscht: ein Wert von minus 2,5 - wir wissen zwar eigentlich nicht, was das bedeutet, aber sicher ist das ziemlich schlimm. Wir lästern über unsere Politstars, wenn sie sich in Bayreuth in Szene setzen oder Sommerinterviews vor Pseudo-Ferienkulissen geben. Wir schimpfen über die Quasselei in Talkshows, aber wehe unser regionaler Politiker kommt nicht zur Einweihung der Turnhalle. Schließlich bezahlen wir ihn fürstlich für die Präsenz. Kein Politiker kann es sich mehr leisten, wie einst Otto von Bismarck monatelang auf seine pommerschen Güter oder heute in der Ferienwohnung in der Toskana zu verschwinden. Wer nicht präsent ist, ist nicht wichtig. Doch wenn ein Politiker es auf die ersten Seiten der Boulevard-Medien schafft, ist auch wieder etwas schief gelaufen. Die angeblichen oder wirklichen Verfehlungen eines Dominique Strauss-Kahn, eines Christian von Boetticher oder eines Karl-Theodor von Guttenberg bieten Stoff sogar für Tränen. Über Staatsmänner oder Frauen, die eben noch als Hoffnungsträger in Sachen Präsidentschaft, Regierungsamt oder Parteivorsitz gehandelt wurden, wird der Daumen gesenkt - und das meistens kollektiv und ohne noch groß darüber nachzudenken, ob die Beschuldigungen ernsthafter Überprüfung standhalten oder gar etwas mit der politischen Leistung des nun Verfemten zu tun haben. Ja, wie hätten wir sie denn nun gerne unsere Politikerinnen und Politiker? Sanftmütig und langweilig oder etwas extravagant und farbig? Irgendwo dazwischen lautet wohl die Antwort, denn Fakt ist: Ein erfolgreicher Politiker muss immer auch ein Selbstdarsteller sein. Nur im stillen Kämmerlein gedeiht kein Staatsmann. Er muss sich auf Parteitagen, auf Marktplätzen, im Fernsehen und im Internet bewähren. Und solange er den Spagat zwischen ernsthaftem politischem Anspruch und notwendigen Showelementen schafft, schaden ihm kleine Affären nicht. Bill Clinton, vielen noch in Erinnerung wegen seines engen Umgangs mit Praktikantinnen, gilt in den verunsicherten USA als Präsident, der das Land durch die goldenen 90er-Jahre führte. Die CSU und vielleicht Bayern brauchen heute Horst Seehofer, da wird der Seitensprung in der Berliner Zeit gerne vergessen. Und schon über Strauß wurde einst nach einem Besuch in New York samt anzüglicher Begegnung anerkennend gemurmelt: A Hund ist er scho - so wie noch heute die Franzosen ihren Dominique auch zu bewundern scheinen. Das Fazit lautet: Ein durchsetzungsfähiger Politiker steht auch schon mal eine Krise durch. Wenn aber jemand über eine Affäre stolpert, stand er meistens bereits vorher auf schwankendem Grund oder er hat wirklich gefehlt. Da gibt es dann die Parteifreunde, die ihr Wissen über die geheimen Seiten gerne preisgeben. Da wird in Hintergrundgesprächen schon mal gestreut, dass der Politiker X zwar nach außen ein gutes Bild abgibt, aber bei der Leitung des Ministeriums doch hoffnungslos überfordert gewesen sei. Der Sturz ist die Folge dieses Misstrauens. Das größte Kapital, das ein Politiker hat, ist nämlich der Vertrauensvorschuss, den er bei Anhängern und Wählern genießt. Solange die Bürger seine politische Leistungsfähigkeit wichtiger einschätzen als Nebengeräusche aus dem oft allzu menschlichen Umfeld, hat er nichts zu befürchten. Wird ihm zugetraut, erfolgreich die Partei oder das Land zu führen, den Nutzen von uns allen im Sinne Ciceros zu mehren, dann hat gerade der eckige und kantige Politiker alle Chancen, politisch zu reüssieren.

Quelle: Mittelbayerische Zeitung (ots)

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