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Börsen-Zeitung: Auf dem Holzweg

Archivmeldung vom 29.09.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.09.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Es stimmt: Die Bankenunion ist eine Unvollendete. Gemeinsame Bankenaufsicht, einheitlicher Abwicklungsmechanismus und Ende Gelände. Da ist es allzu verständlich, dass die europäischen Institutionen allweil auf die Vergemeinschaftung auch der Einlagensicherung dringen.

Aus einem theoretischen Modell eines Staatenbundes mit Binnenmarkt, Währungs- und Bankenunion lässt sich ein nicht nur in Form einheitlicher Standards harmonisierter, sondern obendrein über grenzüberschreitende Unterstützungsmechanismen solidarisch wirkender Sparerschutz ja auch durchaus ableiten. So haben es zum Beispiel vor zwei Jahren die fünf "Europa-Präsidenten" (Parlament, Kommission, Rat, Eurogruppe und EZB) getan und schon damals für ein Rückversicherungssystem geworben. Die Pläne stießen, wie auch ein späterer Kompromissvorschlag aus dem Parlament, auf den entschiedenen und bis heute anhaltenden Widerstand einer ganz großen Koalition aller Säulen der deutschen Kreditwirtschaft und der Bundesregierung.

Nun legt Brüssel mit einem leicht modifizierten Konzept nach. Doch es bleibt dabei: Die EU-Kommission befindet sich auf dem Holzweg. Zunächst ist die "Logik" für einen vergemeinschafteten Einlagenschutz in einem einheitlichen Wirtschafts- und Währungsraum mitnichten zwingend. Wenn der - insoweit freilich flagrant gebrochene - EU-Vertrag mit der Nichtbeistandsklausel in Euroland die Haftung der Gemeinschaft oder einzelner Länder für Verbindlichkeiten eines anderen Mitgliedstaates ausschließt, warum müssen dann deutsche Sparer für Einlagen italienischer Bankkunden einstehen? Oder - das könnte uns auch mal blühen - griechische Sparer für Guthaben von Erika und Max Mustermann?

Doch von der Theorie ganz abgesehen: Die Ideen der Kommission gehen einfach an der europäischen Wirklichkeit vorbei, die sich unter anderem in einer regional sehr ungleich verteilten Masse fauler Kredite und in penetranten Bankenrettungen mit öffentlichen Geldern manifestiert. Die Risiken gehen die Banken auch unter einheitlicher Aufsicht weiterhin auf nationaler Ebene ein, die Haftung aber sollen in der Transferunion, die den Institutionen vorschwebt, alle übernehmen. Doch dieses Europa ist nicht reif für einen auch nur per Rückversicherung vermanschten Einlagenschutz.

Auch "Unvollendete" werden übrigens gerne gespielt und gerne gehört. Franz Schuberts Sinfonie in h-Moll wurde ein durchschlagender Erfolg - bei der Uraufführung 37 Jahre nach seinem Tod. Da kann auch die vergemeinschaftete Einlagensicherung noch ein wenig warten.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Bernd Wittkowski

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