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Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Libyen

Archivmeldung vom 23.08.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.08.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Mit der Einnahme von Tripolis ist in Libyen militärisch viel erreicht, aber politisch noch nichts gewonnen. Natürlich haben die Rebellen allen Grund, die Befreiung ihres Landes euphorisch zu feiern. Der verhasste Gaddafi-Clan ist nach 42 Jahren des Plündern, Folterns und Mordens gezwungen, seine Zelte abzubrechen. Der Revolutionsführer selbst kann die Revolte im eigenen Land nicht führen, sondern muss flüchten und versucht, sich aller Heldenrhetorik zuwider wegzustehlen. Und jetzt?

Eine Wirtschaft vor dem Kollaps, das Rebellenlager gespalten, Stammesrivalitäten und das Fehlen einer Mittelschicht stellen das neue Libyen vor riesige Probleme. Von der Teilung bis zur Anarchie - vieles könnte sich in den kommenden Wochen auftun, nur nicht ein stringenter Weg zu demokratischen Verhältnissen. Immerhin ist sich der Nationale Übergangsrat dieser Probleme bewusst. Er wird von der Libyen-Kontakt-Gruppe seit Monaten auf all das hingewiesen, was im Irak falsch gelaufen ist. Barack Obama erwähnte in seiner Rede am Sonntag die Formel »transistion to democracy«. Hinter diesen Worten steht ein abgestuftes Programm, das die Möglichkeiten für Gaddafis Erben aus US-Sicht aufzeigt. Mehr Planung ist nicht. Die omnipräsenten Revolutionskomitees haben in 42 Jahren jede Art losgelöster Entwicklung unterdrückt und ausgemerzt. Ähnlich wie im Irak 2003 und aktuell in Syrien gibt es keine Persönlichkeit, hinter der sich die wenigen und höchst unterschiedlichen Oppositionellen sammeln könnten. Die einzigen straff organisierten nichtstaatlichen Kräfte mit klaren Zielvorstellungen sind die Muslimbrüder. Gaddafis Macht beruhte unter anderem auf der unterschiedlichen Bevorzugung beziehungsweise Benachteiligung der vielen Stämme im Lande. Deren Clanchefs werden jetzt das ausleben, was sie - aber nicht wir - unter Befreiung verstehen. Das kann mordsgefährlich werden, andererseits aber auch, wie bereits erfolgt, den Berbern etwa ihre alte Sprache - das Tamazight - zurückgeben. Ganz praktisch muss - wer auch immer - einen Weg finden, aus der alten Gaddafi-Polizei schnell eine neue ordnende Hand zu schaffen. Nur so lassen sich Raubzüge von Plünderern und Rächern vermeiden, wie sie Kabul und Bagdad nach dem Fall ihrer Regime 2001 und 2003 durchleiden mussten. Libyen ist reich. Niemand weiß zur Stunde, wie der Öl-Schatz zum Wohle das ganzen Volkes weitergegeben werden kann. Mehr noch: Libyen ist ein Schlüsselland. Hier gibt es hunderttausende Jobs zur Stabilisierung der Nachbarländer. Und: Die Große Syrte ist das Einfallstor für Armutsflüchtlinge, Drogen und Islamisten nach Europa. Es gibt reichlich Gründe, auch von Deutschland aus Einfluss zu nehmen - bevor China und/oder die Golf-Staaten mit Geld und neuer Unfreiheit nach Nordafrika greifen.

Quelle: Westfalen-Blatt (ots)

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