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135 Euro reichen nicht

Archivmeldung vom 03.02.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.02.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić

Der Berg kreißte - und gebar eine Maus. Das muss man konstatieren, wenn die Bundesregierung jetzt einen einmaligen Heizkostenzuschuss von 135 Euro für einkommensschwache Haushalte auf den Weg bringt. Das ist, selbst wenn sich der Gesamtaufwand von 130 Millionen Euro dafür vergleichsweise üppig anhört, nur ein Tropfen auf den heißen Stein - noch dazu nur für relativ wenige, für die bedürftigsten Menschen. Die Summe, die die Ampel zur Verfügung stellen will, relativiert sich beträchtlich, wenn man sie mit den rund 900 Millionen Euro Mehrwertsteuer-Einnahmen vergleicht, die dem Staat allein durch die gestiegenen Energiepreise zusätzlich in die Kasse gespült werden.

Der Staat verdient an der Preisrallye mit. Und die Bundesregierung springt jetzt viel zu kurz, um die explodierenden Energiekosten für alle abzumildern. Richtig am gestrigen Kabinettsbeschluss ist lediglich, dass bei Wohngeldbeziehern, Studierenden und Auszubildenden angefangen wird.

Allerdings darf die Ampel-Regierung dabei die vielen Millionen Gering- und Normalverdiener, Familien, Handwerker, den Mittelstand, die allesamt kein Wohngeld erhalten, nicht vergessen. Die Preise für Strom, Gas und Sprit sind binnen Jahresfrist um nahezu die Hälfte nach oben geklettert. Sie sind der Inflationstreiber und Wohlstandsgefährder Nummer 1. Auch wenn die jetzige Preisentwicklung vor allem auf globale Ursachen zurückgeht - den Energiehunger in China oder den USA etwa - darf der deutsche Staat nicht so tun, als ginge ihn das nichts an. Die Sorge, die seit Monaten galoppierenden Energiekosten nicht mehr bezahlen zu können, treibt viele Menschen um, bald vielleicht noch mehr als die Sorge vor der Corona-Pandemie. Zudem ist es ja nicht so, dass die Politik keinerlei Werkzeuge hätte, um den Preisauftrieb zumindest etwas zu dämpfen. Zur Entlastung aller Haushalte und Unternehmen etwa könnte die Umsatzsteuer für Brennstoffe von derzeit 19 auf den ermäßigten Satz von sieben Prozent herunter gedimmt werden. Andere Länder haben das bereits beschlossen. Und weil niemand weiß, wie sich die Preise in Zukunft entwickeln werden, könnte diese Steuersenkung zeitlich auf eine Heizperiode befristet werden.

Die Ampel müsste sich nur dazu durchringen. Reichlich verworren sind die Signale zudem, die die Berliner Koalitionäre beim Strom aussenden. Die vollständige Abschaffung der Umlage auf erneuerbare Energien, derzeit 3,7 Cent je Kilowattstunde, ist zwar beschlossene Sache. Doch wann kommt die Abschaffung? Erst 2023, in ein paar Wochen, Monaten, im Sommer? Genaues weiß man nicht. Und die Ankündigung von Bundesfinanzminister Christian Lindner, das Vorhaben vorzuziehen, ist zwar richtig, doch seine Koalitionspartner halten sich zurück. Ankündigungen reichen nicht. Noch dazu regt sich bei den Grünen sogar Widerstand. Und ein klares Wort von Kanzler Olaf Scholz, Inhaber der Richtlinienkompetenz, fehlt. Ebenso könnte die Bundesregierung an die Stromsteuer herangehen, wenn sie die Courage dazu hätte. Für viele Stromkunden jedenfalls dürfte das böse Erwachen erst so richtig einsetzen, wenn in den nächsten Monaten die Stromabrechnungen ins Haus flattern.

Freilich können einzelne Maßnahmen zur Abfederung des Preisauftriebs bei Energie, so notwendig sie auch sind, nicht ein Gesamtkonzept ersetzen. Die Ampel-Regierung muss klipp und klar sagen, wie sie langfristig die Energiekosten im Zaum halten und gleichzeitig die Klimaziele erreichen will. Es geht dabei zugleich um das Vertrauen und die Akzeptanz darin, dass die Ziele zur Begrenzung der Erderwärmung richtig und notwendig sind. Explodierende Energiepreise, gegen die der Staat nichts unternimmt, wirken dagegen wie eine eiskalte Dusche.

Quelle: Mittelbayerische Zeitung (ots)

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