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Mittelbayerische Zeitung: "Demonstrieren reicht nicht"

Archivmeldung vom 05.04.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 05.04.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Es geht nicht um die Plastikverweigerer, die radfahrenden Veganer, die Ökostrom-Verbraucher, Biomarkt-Käufer und Greta Thunbergs dieser Erde. Es geht um die jungen Leute, die am heutigen Freitag wieder für den Klimaschutz demonstrieren, "Rettet die Erde" rufen und trotzdem nichts an ihrem Konsumverhalten ändern.

Wir Menschen der westlichen Welt pflegen einen Lebensstil, der weit über das hinausgeht, was unser Planet auf Dauer verträgt. Schüler und Studenten haben das erkannt und die "Fridays for Future" respektabel vorangetrieben. Viele von ihnen denken aber nicht genug über ihren eigenen ökologischen Fußabdruck nach. Man nehme das Beispiel Smartphones. Klar ist das toll: Alle zwei Jahre ein schnelles, schickes, neues Handy. Manchmal ist diese Option sogar im Vertrag verankert, seit neuestem oft schon mit jährlichem Handywechsel. Junge Menschen lieben diese verlockenden Angebote. Doch wer von ihnen denkt dabei an die Elektroschrott-Deponien, etwa in Ghana?

Mit immer kürzeren Produktzyklen wachsen die Berge an giftigem Müll an vielen Orten der Welt. Sie verpesten die Umwelt und erzeugen Treibhausgase. Zusätzlich führt die erhöhte Nachfrage nach Edelmetallen zu Kinderarbeit und schlimmen Zuständen in den Minen der dritten Welt. Gerade jüngere Generationen müssen für diese Zustände die Verantwortung mit auf sich nehmen. Ähnlich ist es beim Reisen. Fliegen ist nach wie vor sehr billig möglich. Leider sind es oft gerade die privilegierten Studenten, die freitags gegen den Klimawandel aufbegehren, überspitzt gesagt am Samstag aber auf Instagram Fotos von ihrem Flug nach Asien, Südamerika oder Afrika posten. Auch die Schüler reisen zu Ostern, Pfingsten und in den Sommerferien nach Ägypten oder auf Mallorca. Denn Malle, das ist längst nicht mehr nur einmal im Jahr. Zwar werden junge Menschen durch Reisen im besten Fall auch weltoffen und gebildet. Dennoch müssen sich junge "Fridays for Future"-Demonstranten, die sich selbst zu den Vielfliegern zählen, in Zukunft im Verzicht üben, wenn man sie ernst nehmen soll. Auch beim alltäglichen Einkauf im Supermarkt sollten sie mit gutem Beispiel voranzugehen. Es muss nicht der Biomarkt oder der Unverpackt-Laden sein, wenn das Geld knapp ist. Plastik lässt sich auch im Discounter vermeiden, vor allem an der Obst- und Gemüsetheke.

Die engagierte junge Generation könnte hier beweisen, dass sie die Nachfrage steuern und zu einer nachhaltigen Veränderung beitragen kann. Das gilt auch für Online-Versand und Kleidungs-Käufe, bei denen es vor allem auch die jungen Menschen sind, die der Erde Schaden zufügen. Einige wenige Teilnehmer der "Fridays for Future" missbrauchen die Demos nur als Legitimation, um vom Unterricht fernzubleiben. Doch den meisten liegt die Sache ehrlich am Herzen. Ihre Ehrlichkeit reicht aber bisweilen noch nicht so weit, um täglich kleine Veränderung anzustoßen. Neben dem Demonstrieren gehört auch dazu, Eltern und Freunde zum Umdenken zu bewegen. Liebe Schüler: Fragt eure Eltern doch mal, warum sie euer Engagement befürworten, selbst aber nicht auf die Straße gehen. Demonstrieren ist auch am Wochenende erlaubt, nicht nur freitags. Liebe Studenten: Kulturen kennenlernen und Weltoffenheit sind zwar schön und gut - aber bewegt eure Freunde doch mal tatsächlich dazu, die Zahl ihrer (Fern-) Reisen kritisch zu hinterfragen. Es ist an der Zeit, dass sich die Bewegung im Klaren darüber wird, als was sie in Erinnerung bleiben will: als schnell verpuffte, belächelte Initiative, die nichts nachhaltig verändert hat. Oder als die Generation, die damals, ähnlich der Studentenbewegung der 1960er, einen Wandel geschaffen hat. Und die irgendwann als Meilenstein der beginnenden Klimarettung in Schulbüchern verewigt sein wird.

Quelle: Mittelbayerische Zeitung (ots)  von Benjamin Weigl

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