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WAZ: Halbzeit in Peking

Archivmeldung vom 18.08.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.08.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Halbzeit in Peking, nur noch eine Woche, dann ist alles vorbei. Für die sportliche Organisation der Wettkämpfe verdienen die Gastgeber viel Lob. Athleten und Funktionäre sind sehr zufrieden über den reibungslosen Ablauf, sie preisen das Olympiadorf, die vielen freundlichen Helfer und die unkomplizierten Sicherheitskontrollen auf dem Olympiagelände.

Die chinesischen Zuschauer sind, nicht wie gefürchtet, nationalistisch und aggressiv, sondern fair und fröhlich. Zudem ist die Luft in den letzten Tagen besser geworden.

Allerdings: Der olympische Funke ist noch nicht aus den Stadien und Hallen auf die Hauptstadt übergesprungen. Die Pekinger halten vorsichtig Distanz. Viele Hauptstädter empfinden das Sportfestival als Veranstaltung von "denen da oben". Manche Kneipen wurden ganz geschlossen, andere dazu verurteilt, frühzeitig die Tore zu schließen. Nicht alle halten sich daran. Bleibt zu hoffen, dass sich die Atmosphäre in den nächsten Tagen lockert.

Wie erwartet zelebrieren Pekings Politiker und Medien das Sportfest als große Gala, angefangen von der gewaltigen Eröffnungsfeier. Olympia ist zur Bühne eines neuen chinesischen Selbstbewusstseins geworden. Sie werten die Flut der Goldmedaillen für die chinesischen Sportler als Beweis der Stärke einer wiedergeborenen Nation. Proteste gegen die Behördenwillkür, gegen die Unterdrückung der Tibeter, gegen Waffenverkäufe Chinas an den Sudan, oder gegen Kumpanei Pekinger Politiker mit den Generälen in Burma sind bis auf ein paar Ausnahmen ausgeblieben.

Ein ungutes Gefühl aber bleibt. Chinas Politiker scheuen sich trotz erhöhter internationaler Aufmerksamkeit nicht davor, ihre Bürger, wo es ihnen passt, mundtot zu machen: Jene Chinesen zum Beispiel, die das Angebot ernst nahmen, in drei ausgewählten Parks zu demonstrieren, wurden wegen "Versuchs der Störung der sozialen Ordnung" festgenommen. Von freier Berichterstattung für ausländische Journalisten konnte ebenfalls keine Rede sein. Reporter landeten auf Polizeirevieren und wurden an ihrer Arbeit gehindert, wenn es den örtlichen Mächtigen so passte, die sich um die Regeln der eigenen Regierung nicht scheren. Dabei ist der Druck auf die einheimischen Journalisten noch stärker.

Das IOC mit Präsident Jacques Rogge an der Spitze übt sich derweil im Schönreden über die Verhältnisse in China, eine medaillenreife Leistung im Wegschauen und Entschuldigen. Der Pakt zwischen zwei undemokratischen Organisationen funktioniert. 

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (von Jutta Lietsch)

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