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Börsen-Zeitung: Es wird ungemütlich

Archivmeldung vom 21.09.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.09.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Konjunkturell wird es nun ungemütlich. Die Industriestaatenorganisation OECD rechnet auf globaler Ebene mit dem schwächsten Wachstum seit der Finanzkrise vor rund einem Jahrzehnt. Das globale Bruttoinlandsprodukt soll den OECD-Schätzungen zufolge in diesem Jahr noch um 2,9 Prozent und 2020 um 3,0 Prozent zulegen.

Im Mai waren die Experten noch von Zuwächsen von 3,2 bzw. 3,4 Prozent ausgegangen. Nach Ansicht von OECD-Chefvolkswirtin Laurence Boone haben sich die Aussichten weltweit weiter eingetrübt. "Handelskonflikte und politische Spannungen befeuern die Gefahr eines anhaltend schwachen Wachstums", so Boone.

Einen klaren Dämpfer bekommen die Volkswirtschaften rund um den Globus offenkundig durch den Handelskonflikt der USA mit China - so sieht es die OECD. Denn allein die von den USA und China gegenseitig verhängten Strafzölle dürften laut OECD das weltweite Wachstum im nächsten Jahr um 0,3 bis 0,4 Prozentpunkte belasten. Und es könnte durchaus noch schlimmer kommen. Ein harter Brexit, die politischen Unsicherheiten in Europa und eine womöglich noch stärkere Konjunkturabkühlung im Reich der Mitte sollten dann das Wachstum auf globaler Ebene noch stärker beeinträchtigen.

Diese Ängste teilen Marktteilnehmer und Notenbanken ebenfalls. Und Zentralbanken haben bereits angefangen, sich gegen die Negativeinflüsse des Handelskonfliktes auf die Wirtschaften zu stemmen. Japans Notenbank steuert den Niedrigzinskurs und signalisierte, bei Bedarf die Geldschleusen noch weiter zu öffnen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Einlagensatz weiter ins Minus zurückgestuft und wird ab November wieder Nettoanleihekäufe vornehmen - ein klares Signal auch gegen die konjunkturelle Abschwächung. Und die Fed hat in der gerade abgelaufenen Woche erneut den Leitzins gekappt, und zwar um 25 Basispunkte auf nun 1,75 bis 2,0 Prozent. Fed-Chef Jerome Powell erklärte im Anschluss an den Zinsentscheid, dass weitere Zinssenkungen notwendig werden könnten, wenn die Wirtschaft zur Schwäche neigen sollte. Sieben von 17 US-Notenbankern sehen einen weiteren Zinsschritt noch in diesem Jahr als angemessen an. James Bullard hatte sogar eine doppelt so starke Rücknahme der Fed Funds Rate um 50 Basispunkte eingefordert.

Die Fed gab in Summe betrachtet aber keine klaren Signale ab, wo die Reise bei den Zinsen hingehen soll. Nach Ansicht der Experten der Investmentgesellschaft Franklin Templeton lautete die Botschaft der Fed nach der jüngsten Zinsentscheidung, dass es derzeit keinen Grund zur Panik gibt, dass man nicht am Rande der Rezession steht und es derzeit keinen Grund gibt, mit einer massiven weiteren monetären Lockerung zu rechnen. Die Fed habe sich in diesem Jahr schon in eine Ecke drängen lassen und sich an die Markterwartungen für Zinssenkungen gehalten. Nun habe sie einige Schritte unternommen, um sich daraus zu befreien. Für Franklin Templeton lautet die Aussage der Fed nun: Warten wir die Auswirkungen der Zinssenkungen ab, die US-Wirtschaft wächst weiterhin stabil.

Natürlich will die Fed sich nicht in die Ecke gedrängt sehen, ein Getriebener der Märkte zu sein, genauso wenig, wie sie als politisch beeinflussbar gelten will. Das ist nur allzu normal. Es ist auch vollkommen klar, dass sie die Wirkungen ihrer Maßnahmen abwarten will und sich nicht kategorisch auf immer weitere Maßnahmen vorab festlegen möchte. Die Fed ist ja bekannt dafür, auch mal länger abzuwarten. Man denke nur daran, wie lange sie gewartet hat und immer wieder alle möglichen Gründe genannt hat, warum sie keine Zinserhöhung vornehmen kann. Das reichte von der Verfassung des US-Arbeitsmarktes über die geopolitischen Risiken und Chinas Wachstum bis hin zur Situation in den Emerging Markets und ob diese einen US-Zinsschritt verkraften können.

Nichts anderes macht die Fed jetzt. Natürlich kann es dazu kommen, dass sie in diesem Jahr auch noch auf einer Sitzung nicht die Zinsen senkt. Man müsste sich eigentlich wünschen, dass sie auf beiden noch verbleibenden Sitzungen im Oktober und Dezember genau das tun könnte. Welche Bedingungen müssten da vorliegen? Vermutlich eine Beendigung des US-Handelskonflikts, ein geordneter Brexit, eine US-Wirtschaft, die ihren mehr als zehnjährigen Expansionstrend fortsetzt, sowie noch einige weitere positive Konjunkturmeldungen auf globaler Ebene. Natürlich kann das passieren. Aber das ist nicht das von der OECD jetzt prognostizierte Szenario. Zinssenkungen sind da schon wahrscheinlicher.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Kai Johannsen

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