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Die Leipziger Volkszeitung zu Streik/Öffentlicher Dienst

Archivmeldung vom 06.03.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.03.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Flüge gestrichen, Straßenbahnen ausgefallen, Busse abgestellt - wenn die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes streiken, stehen viele Räder still. Für Kindertagesstätten gibt es nur einen Notdienst, ebenso in Krankenhäusern. Mülltonnen quellen über. Gerät Deutschland auf den Pfad neapolitanischer Verhältnisse?

Keineswegs, wenngleich die Einschnitte durch die zeitweiligen Arbeitskämpfe ziemlich schmerzhaft sind. Noch schlimmer wird es, wenn - wie angekündigt - ab Montag die Lokführer erneut die Züge in den Depots stehen lassen. Das öffentliche Leben droht, komplett lahmgelegt zu werden. Das gefällt keinem. Nur, ohne weh zu tun, verpufft die bezweckte Wirkung jeglichen Ausstandes. Aber gehen die Gewerkschaften nicht zu weit? Auf den ersten Blick nicht. Sonst könnte ja das Streikrecht gleich abgeschafft werden. Auch auf den zweiten und dritten Blick siegt eher das Verständnis für die Aktionen über den Unmut angesichts der damit verbundenen Erschwernisse. Gerade die Staatsdiener in den neuen Ländern liegen meist bei 92,5 Prozent des Einkommens ihrer West-Kollegen und schaffen pro Woche 40 Stunden - das sind anderthalb Stunden mehr als in Westdeutschland. Zudem stößt das Argument von der Unkündbarkeit öffentlich Bediensteter ins Leere. Mit dieser Jobgarantie werde das geringere Gehalt - vor allem im Vergleich zur Privatwirtschaft - abgegolten, so die gängige Lesart. Aber im Osten ist kaum jemand verbeamtet, von Einzelfällen etwa bei Polizei und Strafvollzug abgesehen. Seit 1991 wurden zwischen Ostsee und Erzgebirge in den Ländern und Gemeinden über ein Viertel beziehungsweise fast zwei Drittel der Jobs gestrichen. Von sicheren Stellen kann also keine Rede sein. Für die öffentlich Bediensteten, von Einmalzahlungen abgesehen, gab es vor vier Jahren die letzte Zulage beim monatlichen Salär. Die Lebenshaltungskosten kletterten seitdem um acht Prozent. Ein Lohnplus ist also für die Betroffenen mehr als recht und billig. Dies ist mit Sorgfalt auszuhandeln - angesichts nach wie vor klammer öffentlicher Kassen. Trotz stärker sprudelnder Steuerquellen haben die Kommunen Riesenberge an Schulden zu schultern. Allerdings sind die von den Arbeitgebern angebotenen fünf Prozent wohl eher ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn sie sollen über zwei Jahre gestreckt werden. Besser dran sind dagegen die Lokführer. Ihnen hat die Bahn elf Prozent mehr im Portmonee versprochen. Aber in der Tasche haben sie diese noch längst nicht. Der Streit mit dem Konzern ist neu entflammt, der Vertrag, der die Kooperation der drei Bahn-Gewerkschaften regeln soll, nicht unterschrieben. So lange tritt der ausgehandelte Tarif nicht in Kraft. Weiteres Ungemach zieht herauf. Denn das Management versucht, die Zugeständnisse bei frisch eingestellten Zeitarbeiter-Lokleuten zu umgehen, integriert sie in neue Gesellschaften und zahlt dort außer Tarif. Zu Recht fühlt sich die Lokführergewerkschaft GDL verschaukelt, sie plant erneut Staus auf der Schiene. Dennoch: Ungeklärtes ist zügig aus dem Weg zu räumen. Hier wie da, bei Bahn und öffentlichem Dienst, ist dabei mit großem Augenmaß zu agieren.

Quelle: Leipziger Volkszeitung (von Ulrich Langer)

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