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Neue Westfälische (Bielefeld): Gesundheitspolitik Mogelpackung

Archivmeldung vom 24.07.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.07.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Begriffe zu erobern und zu prägen gehört zum kleinen Einmaleins der Politik. Das gilt ganz besonders für heftig umstrittene Felder. Zum Beispiel die Gesundheitspolitik. Da begegnet dem Interessenten auf der Startseite des Bundesministers der Begriff "Gesundheitsreform". Das hört sich nach Modernität, Problemlösung und Tatkraft an. Doch wo Reform draufsteht, ist keine Reform drin.

Die Erhöhung - nicht "Anpassung", wie es heißt - des Beitragssatzes ist keine Reform, sondern nichts anderes als ein Griff in die Tasche der Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Verdienen die jetzt vorgeschlagenen Sparmaßnahmen den Begriff Reform? Da wird das Vergütungsniveau der hausarztzentrierten Versorgung begrenzt. War das denn bisher nach oben offen? Konnten die Hausärzte nach Belieben hinlangen? Natürlich nicht. Das ist keine Reform, sondern eine Verzweiflungstat, um den unersättlichen Geist verbandsgesteuerter Hausarztverträge wieder in die Flasche zu bekommen. Ist die beschlossene Absenkung der Preise für Impfstoffe auf das europäische Durchschnittsniveau eine Reform? Wohl eher das Eingeständnis der Tatsache, dass sich die Politik bisher von Big-Pharma fahrlässig hat abzocken lassen. Letztes Beispiel: Die Verwaltungskosten der Krankenkassen dürfen in den nächsten beiden Jahren nicht steigen. Auch das ist keine Reform, sondern ein gut gemeinter, aber dennoch ziemlich dreister Eingriff der Politik in die Selbstverwaltung der Sozialversicherung. All diese Pflästerchen reichen bei weitem nicht, um die Finanzprobleme der gesetzlichen Krankenversicherung zu lösen, die durch die Veränderung im Bevölkerungsaufbau und den schnellen und teuren medizinisch-technischen Fortschritt entstehen. Dazu ist weiterhin eine Reform notwendig, die den Namen verdient hat. Was Philipp Rösler  jetzt neben den Einsparungen zur Finanzierung des Gesundheitssystems vorgeschlagen hat, ist aber auch nur eine pragmatische Weiterentwicklung des Fondsmodells der großen Koalition. Nur mit viel Phantasie könnte man den Arbeitnehmeranteil als Einstieg in die Gesundheitsprämie interpretieren. Nicht neu ist die Aufkündigung der Solidarität zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, nicht neu sind die Zusatzbeiträge mit Sozialausgleich, nicht neu ist die Teilfinanzierung durch das Steuersystem. Reform? Fehlanzeige, neuer Wein in alten Schläuchen. Dabei bestünde weiterhin die Möglichkeit, zur Finanzierung des Systems die beiden Modelle der Bürgerversicherung und der Gesundheitsprämie zu einer Bürgerpauschale zu versöhnen: Gesetzliche und private Krankenversicherung müssten zu einer Versicherung für alle zusammengeführt werden. Dieser, unter Ökonomen weithin unumstrittene, gemeinsame Versicherungsmarkt wäre eben nicht die Einheitsversicherung, wie der politische Kampfbegriff seiner Gegner lautet. Außerdem müssen alle Bürger und alle Einkommensarten in die Finanzierung einbezogen werden. Wenn dann noch ineffiziente Strukturen wie zum Beispiel die ambulante und stationäre Versorgung angegangen würden, dann, erst dann, hätte der Begriff der Reform einen Inhalt.

Quelle: Neue Westfälische

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