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Südwest Presse: Kommentar zu Pakistan

Archivmeldung vom 29.12.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.12.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die gestern zu Grabe getragene Benazir Bhutto war eine in vieler Hinsicht imponierende Persönlichkeit. Und ihr Leben und Sterben ist in fast unheimlicher Art ein Abbild der gescheiterten Nation Pakistan. Bhutto war machthungrig und intrigant und mit dem Mut einer Löwin ausgezeichnet, der sie, die mehrmals selbst in den vergangenen Wochen von ihrer Todesgefahr sprach, in den Wahlkampf und damit ins Visier ihrer Mörder ziehen ließ.

Sie und vor allem ihr Ehemann Asif Ali Zardari, der ihr einst als Minister diente, waren Verkörperungen der schlimmen Korruption, die Pakistan untergraben hat. Etwa eine Milliarde Dollar soll das Paar an der Macht für sich selbst erwirtschaftet haben, weswegen Bhutto zweimal vom Militär ihres Amtes als Ministerpräsidentin enthoben wurde. Desgleichen widerfuhr ihrem Vater Zulfikar Ali Bhutto, der 1979 hingerichtet wurde, womit diese Familie auch den permanenten Wechsel zwischen Demokratieversuchen und Militärherrschaft spiegelt. Die Generäle regieren das 1947 gegründete Land von 1958 bis 1971, von 1977 bis 1988 und seit 1999. Zusammen mit dem Geheimdienst ISI bildet das Militär einen Staat im Staate, der sich keinen Gesetzen unterwirft, aber eben auch so schwach ist, dass ausgerechnet in Rawalpindi, der Stadt des militärischen Oberkommandos, vorgestern der Mord an Benazir Bhutto gelang. Trotz aller Flecken auf ihrer Weste war sie das Idol jener Pakistani, die ihr Land demokratisch, weltlich und mit den bürgerlichen Freiheitsrechten ausgestattet und regiert sehen wollen. Schließlich verkörperte sie ein spannendes Frauenbild in der islamischen Welt, in der sie als erste Frau zur Ministerpräsidentin wurde, und das in einem Land, in dem die Frauen wie kaum anderswo unterdrückt werden. Sie war aber auch eine mächtige Strippenzieherin in einem Staate, in dem die politischen Großfamilien, die zusammen die Elite bilden, in bitteren Feindschaften gegeneinander verharren. In Pakistan, so scheint es seit der Staatsgründung zu sein, sind politische Kompromisse unmöglich; der Kampf bis aufs Messer wird ihnen allemal vorgezogen. Es bleiben nach Bhuttos Tod nur zwei Politiker, die geeignet erscheinen, dem Land nun eine demokratische Zukunft zu verheißen. Der wichtigste Kopf von Bhuttos Partei PPP, Aitzaz Ehsan, steht allerdings unter Hausarrest und darf bei den Wahlen am 8. Januar - wenn sie denn stattfinden - nicht kandidieren. So bliebe nur Nawaz Sharif, jahrzehntelang Gegenspieler Bhuttos und zweimal ihr Nachfolger, der allerdings einen Wahlboykott ankündigt. Wahrscheinlich ist es jedoch, dass es nun zunächst zu einer neuen Phase der Gewalt kommt. Sie wird geprägt sein von einer Auseinandersetzung des Militärs mit den Islamisten vor allem in den Grenzgebieten zu Afghanistan, wo sich seit langem schon ein von der Zentralregierung herrschaftsfreier Raum gebildet hat, der sich allmählich auch der Moscheen und Köpfe in anderen Teilen des Staates bemächtigt. Pakistans Gründungsidee war nach der Unabhängigkeit der Kronkolonie Indien von Großbritannien die eines fortschrittlichen, weltoffenen, demokratischen islamischen Staates. Nichts davon wurde verwirklicht. Inzwischen sind die Islamisten die größte Bedrohung der Weltoffenheit, des Fortschritts, der Demokratie in Pakistan. Und das Militär kann das Land nicht vor ihnen retten. Nicht zu vergessen: Es handelt sich um eine Atommacht.

Quelle: Südwest Presse

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