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Mittelbayerische Zeitung: Europa am Abgrund

Archivmeldung vom 21.06.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.06.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Wer vor Monaten gedacht hat, Europa habe die Schuldenkrise erfolgreich überstanden, wird in diesen Tagen eines Besseren belehrt. Das klamme Griechenland bestimmt schon wieder die politische Agenda - nur dass dieses Mal die Lage noch viel ernster ist. Geradezu erschreckend ist, dass die Politik aus der ersten Rettungsaktion vor einem Jahr nichts gelernt zu haben scheint.

Noch immer stolpert Europa von einem Brandherd zum nächsten während die Finanzmärkte die Politik munter vor sich hertreiben. Das Krisenmanagement der EU ist so miserabel wie ihre Kommunikation. Ganz Europa ist dieser Tage frustriert. In Athen entlädt sich die Wut über die von EU und IWF oktroyierten Sparpakete. In Brüssel stößt die griechische Regierung mit ihren Sparbeteuerungen bei den Euro-Kollegen auf taube Ohren. Die Auszahlung der nächsten Kredittranche in Höhe von zwölf Milliarden Euro lässt weiter auf sich warten. Und in Luxemburg ärgern sich die Euro-Finanzminister über die Reformmüdigkeit der Griechen. Die Folgen dieser Kakophonie sind bekannt: Anstatt wie ursprünglich geplant grünes Licht für die rettende Zwölfmilliarden-Kredittranche zu geben, lassen die Euroländer Athen weiter zappeln. Nun soll morgen und übermorgen schon wieder eine Prüfmission aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank in Griechenland nach dem Rechten sehen. Dass hierbei fundamental neue Erkenntnisse zusätzlich zur letzten Prüfmission vor zwei Wochen gewonnen werden, darf bezweifelt werden. Währenddessen läuft den Griechen die Zeit davon. Wolfgang Schäuble und Co. scheinen dieselbe Strategie des Taktierens zu verfolgen wie noch beim ersten Rettungspaket für die Hellenen. Damals zögerte die EU lange, sich vor das klamme Athen zu stellen. Die Rechnung bekam man prompt - die Rettung des Landes hatte sich aufgrund der Unsicherheiten auf den Märkten massiv verteuert. Jetzt droht dasselbe Spiel. Denn obwohl sich die Eurozone mit dem ersten Hilfspaket für Griechenland wertvolle Zeit erkauft hat, weiß sie damit nichts anzufangen. Noch immer treiben die Finanzmärkte die Politik vor sich her. Noch immer gibt es in dieser Schuldenkrise kein verlässliches Management. Und noch immer scheuen sich die Euro-Länder, zuerst eine unmissverständliche Garantie für Athen zu geben und dann die Bedingungen zu verhandeln. Die Antwort der Märkte auf diesen Schlingerkurs erfolgte gestern prompt: Der Euro rauschte wieder einmal in den Keller. Natürlich ist es verständlich, dass die Kreditgeber Vorsicht bei der Auszahlung der nächsten Tranche walten lassen. Schließlich steht Griechenland trotz eines Milliarden-Hilfspakets noch immer da, wo es vor einem Jahr stand: kurz vor der Pleite. Doch das ändert nichts an der Tatsache, dass dem Land geholfen werden muss. Wird Athen fallengelassen, wären die Folgen für die übrigen angeschlagenen Euroländer gravierend. Dann rücken Spanien, Italien und vielleicht sogar Belgien ins Visier der Märkte, Experten halten einen Domino-Pleiteeffekt für wahrscheinlich. Dass dies die deutschen Steuerzahler um einiges teurer kommen würde als die Griechenhilfe, darf angenommen werden. Noch ist es glücklicherweise nicht soweit. Trotzdem muss Griechenland nun schleunigst aus der Schusslinie gebracht werden. Deshalb bringt es nichts, die unpopulären Rettungsmaßnahmen immer weiter hinauszuzögern. Die EU muss zudem dafür sorgen, dass das Land zur Ruhe kommt. Dafür braucht es einen breiten gesellschaftlichen Konsens. Anstatt Athen mit Schuldzuweisungen zu überhäufen, sollte Brüssel als Vermittler auftreten. Das Land braucht neben den Milliarden auch moralische Unterstützung.

Quelle: Mittelbayerische Zeitung (ots)

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