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WAZ: Volkszählung in Europa

Archivmeldung vom 01.04.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.04.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Ein Aufschrei ging 1983 durch das Land - und das nur wegen eines Fragebogens. Hunderte Bürgerinitiativen gründeten sich, mit Prominenten wie Forsa-Chef Manfred Güllner oder Günter Grass an der Spitze.

Viele Bürger, durch die hitzigen Debatten über die Mittelstrecken-Stationierung, die Atompolitik und die Erweiterung des Frankfurter Flughafens um die "Startbahn West" ohnehin auf Krawall gebürstet, riefen nach der Lektüre des besagten Fragebogens zum Boykott auf. Die geplante Volkszählung, die schließlich 1987 und nach einem wegweisenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts über das Recht der Menschen auf "informationelle Selbstbestimmung" stattfand, erregte die Gemüter der Nation. 24 Jahre werden ins Land gegangen sein, wenn sich Deutschland 2011 an der europaweiten Volkszählung beteiligt. Mit Protesten rechnet diesmal niemand - nicht zuletzt weil sich die Gegner von einst zu den Befürwortern von heute entwickelt haben.

Beispielsweise die Grünen-Politikerin Franziska Eichstädt-Bohlig. Damals war sie der Meinung, dass der Bürger nicht ausgehorcht werden darf. Heute ist sie neugierig auf die Zahlen aus Wirtschaft und Gesellschaft - die 1983 praktizierte "ideologische Kampfwelle" wäre heute nicht angemessen. Auch Bundes-Datenschützer Peter Schaar hat "nichts Grundsätzliches" einzuwenden gegen den Zensus. Der Begriff ist bewusst gewählt. Weil er präziser ist: Das Volk wird nicht mehr wie einst Kopf für Kopf gezählt - stattdessen wird von repräsentativen Daten aus Registern und Ämtern und einigen Millionen Fragebögen hochgerechnet. Zudem hat niemand ein Interesse daran, die Erinnerungen an den einst emotional belasteten Begriff Volkszählung auch nur ansatzweise hochkochen zu lassen.

Es gibt gute Gründe für eine Neujustierung des Datenmaterials. Die aktuellen Zahlen stammen von 1987 beziehungsweise 1981 (Ostdeutschland) - ein vergleichsweise langer Zeitraum, in dem sich allein mit der Wiedervereinigung und den sich anschließenden Wanderungswellen vieles getan hat. Schätzungsweise 1,6 Millionen Menschen haben sich zudem bei der Ausreise aus Deutschland nicht abgemeldet.

Auch die Qualität der gefragten Daten wird niemanden umtreiben: Geschlecht, Familienstand, Geburtsort sowie einige Zahlen zum Immobilienbestand. Das war 1872, beim Internationalen Daten-Kongress in Sankt Petersburg, noch ganz anders: Seinerzeit lautete die Empfehlung, neben den persönlichen Daten gesundheitliche Probleme abzufragen - etwa Fälle von "Blödsinn" oder "anderen Geisteskrankheiten".

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (von Norbert Robers)

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