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"DER STANDARD": "Gefahr des Totalschadens"

Archivmeldung vom 10.11.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.11.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Still und leise hat Werner Faymann beim Eurogipfel im Oktober der europaweiten Einführung zugestimmt. Also muss die Kanzlerpartei nun umsetzen, was sie vor kurzem für unnötig bis gefährlich gehalten hat: eine gesetzlich verankerte Schuldenbremse. Die Regierung will sich damit quasi vor sich selbst schützen: Ausgabenlimits sollen verhindern, dass Politiker Geld beim Fenster hinauswerfen. Die Idee klingt löblicher, als sie ist.

In guten Zeiten ist Selbstkasteiung tatsächlich ratsam, doch von diesen kann Europa derzeit nur träumen - und in Krisenzeiten können falsch konfigurierte Schuldenbremsen einen Totalschaden provozieren. Nicht auszudenken, hätte sich die Regierung vor drei Jahren an eine starr von der Verfassung diktierte Schuldengrenze gehalten. Langwierig hätte sie um Stimmen der Opposition ringen müssen, um die Regeln verletzen zu dürfen - oder eben auf Konjunktur_- und Bankenpakete verzichtet. Die Folgen wären fatal gewesen. Dass sich kriselnde Staaten, die auf eisernes Sparen setzen, nur noch tiefer in eine Misere manövrieren, hat sich in Griechenland einmal mehr leidvoll bestätigt. So brutal muss eine Schuldenbremse nicht zwangsläufig wirken. Jeder versteht unter dem Label etwas anderes, entsprechend groß ist der Ausgestaltungsspielraum. Nichts spricht etwa dagegen, dass die Koalition den Ländern nun eine transparente Finanzplanung vorschreiben will, wie sie für den Bund längst üblich ist. Entscheidend sind die konkreten Mechanismen: Wie weit wird das Korsett im Fall der Krise gelockert? Bekommt eine Regierung genug Freiraum, um rasch genug auf Wirtschaftseinbrüche zu reagieren? Der Vorschlag aus dem Finanzministerium lässt da Zweifel offen - und trifft eine Festlegung, die nur ideologisch begründbar und potenziell schädlich ist. 75 Prozent der Budgetkonsolidierung sollen durch Ausgabenkürzungen erfolgen, heißt es im Erstentwurf (mittlerweile wurde die Zahl offenbar wieder gestrichen). Ein derartiges Präjudiz würde künftige Finanzpolitiker an die kurze Leine legen. Wichtiger als demokratisch und ökonomisch heikle Selbstbeschränkungen wäre eine "Schuldenbremse" an ganz anderer Stelle: Wollen Europas Politiker künftige Budgetkatastrophen verhindern, dann müssen sie die strenge Regulierung von Banken und Finanzmärkten durchsetzen. Denn diese haben den Schuldensprung der letzten Jahre verursacht - und nicht der Sozialstaat.

Quelle: Der Standard (ots)

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