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Prinzip Hoffnung

Archivmeldung vom 22.07.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.07.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić

Die Zeit der Realitätsverweigerung ist vorbei: Das ist die eine, die positive Botschaft, die vom Ende der Negativzinsen in der Eurozone ausgeht. Mit der Leitzinserhöhung um 50 Basispunkte zeigt die Europäische Zentralbank (EZB) lang ersehnte, von manchem nicht mehr für möglich gehaltene Entschlossenheit im Kampf gegen die Rekordinflation. Die EZB ist zur Besinnung gekommen - endlich!

Allerdings geht von dem historischen Doppelbeschluss, mit Beginn der Zinswende ein neues Notfallinstrument gegen Verwerfungen am Staatsanleihenmarkt aufzulegen, eine zweite Botschaft aus. Sie muss jeden beunruhigen, dem an der Stabilität der Eurozone gelegen ist. Diese Botschaft lautet: Wenn es darauf ankommt, kann die EZB ihr Hauptmandat der Preisstabilität nur erfüllen, indem sie ein Sicherheitsnetz nach dem anderen für hoch verschuldete und notorisch labile Euro-Staaten wie Italien aufspannt.

EZB-Chefin Christine Lagarde würde das so niemals sagen. Etliche ihrer Aussagen lassen aber genau diesen Schluss zu. Während mancher Beobachter berechtigterweise hinterfragt, ob ein neues Anleihekaufprogramm den Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik nicht konterkariert, dreht der EZB-Rat den Spieß um: Vielmehr werde das "Transmission Protection Instrument" (TPI) "die effektive Transmission der Geldpolitik" - also deren Wirkung - unterstützen.

Lagarde hob auch die Bedeutung anderer Instrumente hervor: die flexible Handhabe der Anleihebestände aus dem Pandemie-Notfallprogramm PEPP. Dazu das bereits 2012 im Zuge der Euro-Rettung aufgelegte OMT-Programm. Nun also auch noch das als "Antifragmentierungsinstrument" bezeichnete TPI. Ein prall gefüllter Werkzeugkasten für alle Fälle als Voraussetzung für die überfällige Zinswende - deutlicher hätte die EZB kaum machen können, wie prekär der Zustand der Währungsunion auch ein Jahrzehnt nach der Euro-Schuldenkrise ist.

"Der EZB-Rat würde TPI lieber nicht nutzen": So ehrenwert die Aussage von Lagarde, so entlarvend ist das Prinzip Hoffnung. Wie beim nie aktivierten OMT-Programm setzt die EZB auch diesmal auf den Placebo-Effekt. Skeptikern schwant Böses: Das TPI wird - wie bislang jedes EZB-Kaufprogramm - eines Tages den Test vor dem Bundesverfassungsgericht bestehen müssen. Die Kriterien für den Einsatz sind zwar vermeintlich ausbuchstabiert. Ob die Euro-Staaten sie aber auch erfüllen, liegt allein im Ermessen des EZB-Rats. Lagarde kokettierte lieber mit einem ordentlichen Maß an Geheimniskrämerei, statt auf berechtigte Zweifel einzugehen. Wer da Willkür wittert, liegt nicht falsch.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Stefan Reccius

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