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Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema "News of the World"

Archivmeldung vom 15.07.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.07.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Ist der Ruf erst ruiniert, lebt's sich gänzlich ungeniert. Das Ansehen der englischen Massenblätter war immer schon schlecht. Um die Privatsphäre der königlichen Familie und die von Schauspielern und Sportlern scherten sich die »Sun« oder der »Daily Mirror« noch nie besonders. Kein Wunder, dass Prinz Philip bei einer Krankenhauseinweihung in der Karibik stöhnte: »Ihr habt Moskitos, wir haben die Presse.«

Vor und bei Fußball-Weltmeisterschaften weckten Boulevardzeitungen dumpfe nationale Instinkte, werteten die Franzosen als »the frogs« (die Frösche) ab und verglichen die deutsche Mannschaft immer wieder mit Panzern. Aber was ihre Kollegen von der »News of the World« sich jetzt geleistet haben, übersteigt alles bisher Dagewesene. Es ist der eklatanteste Missbrauch der Pressefreiheit in der Geschichte des Landes. Offenbar haben Journalisten Tausende Telefone von prominenten und nicht prominenten Menschen abgehört, in der Hoffnung auf Geschichten. Bei dem 2002 ermordeten Mädchen Milly Dowler sollen sie sogar Nachrichten in der Mailbox gelöscht haben, um Platz für neue zu schaffen. Was bei den Eltern die Hoffnung weckte, dass ihr Kind vielleicht noch lebt. Auch die trauernden Angehörigen von gefallenen Soldaten wurden Ziele der Lauschattacken. Das kriminelle Verhalten der »News-of-the-World«-Redakteure erklärt der Kommunikationswissenschaftler Frank Esser von der Universität Zürich mit dem gnadenlosen Konkurrenzkampf in London: »In keiner anderen Stadt werden auf so wenigen Quadratkilometern so viele nationale Zeitungen produziert. Das führt zu einem Wettbewerb, der bis an die Gurgel geht, der wirtschaftliche Druck ist enorm.« Das entschuldigt aber keineswegs den Verzicht auf moralische Grundsätze bei der Jagd nach Exklusiv-Geschichten. Die »News of the World« ist inzwischen eingestellt, der Skandal damit aber noch lange nicht abgeschlossen. Großbritannien braucht dringend eine Debatte über Ethik im Journalismus, den Schutz der Privatsphäre und die Verquickung von Politik und Presse. Dass der damalige Oppositionsführer und jetzige Ministerpräsident David Cameron im Mai 2007 den zurückgetretenen Chefredakteur der bereits unter seiner Leitung durch eine Abhöraffäre aufgefallenen »News of the World«, Andy Coulson, zu seinem Berater ernennt, offenbart eine fragwürdige Nähe von Politikern und Medienvertretern. Aus dem Zeitungs- ist auch ein Politskandal geworden. Die Vorgänge sind Mahnung über die Insel hinaus. Auch in Deutschland gab es schon Skandale, wie 1983 die gefälschten »Hitler-Tagebücher« des Magazins »Stern« oder Mitte der 90er Jahre die erfundenen Geschichten des Filmemachers Michael Born, die bei »stern TV« liefen. In beiden Fällen siegten Sensations- und Geltungssucht über journalistische Sorgfaltspflicht. Dennoch genießen die Medien bei uns weiter großes Vertrauen. Diese Glaubwürdigkeit bleibt nur erhalten, wenn sie weiter Politiker im Auge behalten, aber keine einfachen Bürger bespitzeln.

Quelle: Westfalen-Blatt (ots)

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