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In der Schlangengrube

Archivmeldung vom 06.10.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.10.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić

Liz Truss gehört nicht zu den Politikerinnen, die einen durch ihr Charisma mitreißen können. Doch hat die neue Premierministerin ihre Antrittsrede auf dem Tory-Parteitag besser als erwartet über die Bühne gebracht. Dazu verhalf ihr ein kurzer Greenpeace-Protest, mit dem sie vergleichsweise charmant umging. Es war die perfekte Überleitung dazu, über eine vermeintliche Anti-Wachstums-Koalition aus Labour, schottischen Nationalisten, Liberaldemokraten, Gewerkschaften und sonstigen Bedenkenträgern herzuziehen, die das Land aus ihrer Sicht am Boden hält.

An ihrer Weltsicht hat sich trotz aller Turbulenzen der vergangenen Tage nichts geändert. Sie setzt weiter auf Steuersenkungen und Deregulierung, um Wachstum zu generieren. Dass der Funke übersprang, lässt sich nicht behaupten. Die Stimmung entsprach eher dem herannahenden Ende einer Amtszeit als dem viel beschworenen Neubeginn. Trotzdem erhielt sie am Ende noch reichlich Applaus.

Die Tories sind nach zwölf Jahren an der Macht in einem bemitleidenswerten Zustand. Wie bei Labour handelt es sich auch bei ihnen um eine Koalition unterschiedlichster Interessengruppen. Die Parlamentsfraktion hat mit Boris Johnson ihren in der Bevölkerung beliebtesten Politiker gestürzt, der den Konservativen 2019 zu einem Erdrutschsieg verhalf - und das wegen Verfehlungen, die außerhalb von Westminster nicht viele Menschen interessierten. Die Abgeordneten wollten Johnson durch seinen Schatzkanzler Rishi Sunak ersetzen, doch die Parteibasis spielte nicht mit. Denn die Mitglieder sind konservativer als die Mandatsträger der Partei. Sie wählten mit Truss eine Vertreterin des libertären Flügels an die Spitze. Einige Abgeordnete wollen sich damit nicht abfinden. Ihre Drohung, im Parlament gegen die vorgeschlagene Ab­schaffung des Spitzensteuersatzes zu stimmen, zwang Truss zur Kehrtwende. Gewiss, es war ohnehin keine gute Idee. Aber was soll man von einer Mitte-rechts-Partei halten, die es trotz überwältigender Mehrheit im Unterhaus nicht schafft, eine Steuersenkung zu verabschieden? Der Widerstand gegen das Geschenk an die Großverdiener dürfte erst der Anfang der Auseinandersetzungen innerhalb der Partei gewesen sein.

Truss fehlt es am nötigen Rückhalt in der Fraktion, um die von ihr angestrebten tiefgreifenden Veränderungen durchs Parlament zu bringen. Auch ihr Kabinett erweist sich als Schlangengrube. Während Innenministerin Suella Braverman öffentlich bedauerte, dass Truss nachgab, forderte Penny Mordaunt einen vollen Inflationsausgleich für Sozialhilfeempfänger. Mordaunt nimmt die Geschäfte der Regierung im Unterhaus wahr. Sie wiederholte mit ihrer Forderung allerdings nur, was die Vorgängerregierung ihren Wählern versprochen hatte. Denn die Tories wurden auf Grundlage eines Wahlprogramms gewählt.

Will Truss davon wesentlich abweichen, muss sie sich dafür ein neues politisches Mandat holen. Denn sie wurde - anders als Johnson - nicht von der Bevölkerung gewählt. Die Lager haben nicht viel Zeit, sich unter ihrer Führung zu vereinen, soll die Partei nicht zu einer Koalition des Niedergangs werden. Geht der Hickhack weiter, sind Neuwahlen unausweichlich. Und Labour liegt in den Umfragen deutlich vorn.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Andreas Hippin

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