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Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Sarrazin

Archivmeldung vom 26.04.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.04.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die SPD wird Thilo Sarrazin nicht los. Nun ist auch das zweite Parteiausschlussverfahren in eineinhalb Jahren sang- und klanglos gescheitert. Alle vier Kläger zogen ihre Anträge zurück - ein Offenbarungseid für die SPD. Folgerichtig rumort es in der Partei, heute steht eine Sondersitzung des Berliner Landesvorstands an. Dabei wird man wortreich zu erklären versuchen, was nicht zu erklären ist.

Schließlich folgte das Verhalten der Parteigremien am Gründonnerstag nicht etwa der durchaus vertretbaren Ansicht, dass eine Volkspartei Spannungen auszuhalten habe, wie sie durch Sarrazins Thesen ausgelöst wurden. Nein, der SPD ging es ausschließlich darum, ein für sie unpopuläres Thema abzuräumen. Das sollte möglichst heimlich, still und leise passieren. Dafür spricht nicht nur der sorgsam gewählte Termin kurz vor Ostern. Durch die Ferien und die eingeschränkte Erscheinungsweise der Tageszeitungen konnte man auf ein geringeres öffentliches Interesse hoffen. Auch das Schweigegelübde, das Generalsekretärin Andrea Nahles allen Prozessbeteiligten auferlegt hat, lässt sich so interpretieren. Am deutlichsten aber wurde Frank-Walter Steinmeier. »Ich bin froh, dass der SPD ein jahrelanges Verfahren durch alle Instanzen erspart bleibt«, sagte der Fraktionsvorsitzende in entwaffnender Offenheit. Weil nun aber die Basis rebelliert, geht der schöne Plan nicht auf. Der Flurschaden ist schon jetzt gewaltig. Vor allem Parteichef Sigmar Gabriel steht als blamiert da. Immerhin ist es noch keine neun Monate her, dass er den damaligen Bundesbank-Vorstand und früheren Berliner Finanzsenator zur unerwünschten Person erklärte. Gabriel hatte Sarrazin gar als »Hobby-Darwin« bezeichnet, der »den Boden für die Hassprediger bereitet«. Nun darf sich dieser Sarrazin als Sieger auf ganzer Linie fühlen. Erst recht, weil seine Erklärung, er habe weder Migranten diskriminieren noch sozialdemokratische Grundsätze verletzen wollen, wachsweich ausgefallen ist. Sie taugt weder als Entschuldigung geschweige denn als glaubhafte Distanzierung von jedwedem Sozialdarwinismus. Derart gestärkt, wird Sarrazin weiter mit seinem Bestseller »Deutschland schafft sich ab« durch die Buchhandlungen und Stadthallen der Republik ziehen. Er wird weiter seine zahlreichen Anhänger um sich scharen, und die SPD ist endgültig zum Zusehen verdammt. Es sei denn, sie will sich komplett lächerlich machen. Dabei geht es um nicht weniger als die Diskursfähigkeit der SPD. Hat sie vor den gleichsam populären wie populistischen Thesen Sarrazins kapituliert, oder kalkuliert sie gar insgeheim mit der politischen Rendite, die Sarrazin als einer der Ihren noch reinholen könnte? Beides wäre schlimm. Am schlimmsten aber ist, dass Deutschland weiter auf eine aufrichtige Debatte über die Erfolge, aber eben auch über die Fehler der Integration warten muss. Dabei wäre gerade diese Auseinandersetzung bitter nötig.

Quelle: Westfalen-Blatt

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