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Neue Westfälische (Bielefeld): Europas Bürger begehren auf

Archivmeldung vom 18.06.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.06.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Wutbürger wohin man schaut: Die Griechen wüten gegen die Auswirkungen der Finanzkrise, Spaniens Jugend fordert Beschäftigung ein, die Italiener erteilen der Atomkraft eine Absage und die Deutschen streiten wie immer gegen fast jeden und nahezu alles. Eigentlich fehlen nur noch die Franzosen, damit der Satz Gewicht bekommt: Europa ist geeint wie nie im Protest gegen Politik und Politiker.

Ursache dieser Welle ist nicht die schiere Lust am Protest, sondern ein über die Jahre und Jahrzehnte gewachsenes Gefühl der Ohnmacht. Die Bürger sind unzufrieden über den Umgang der Politiker mit ihren Teilhaberechten. Lange, viel zu lange glaubten Politiker, den Stein der Weisen gefressen zu haben und vergaßen die Intelligenz der Vielen zu nutzen. Statt die Grundlagen ihrer Entscheidungen offenzulegen und zu erklären und darüber den Dialog mit den Bürgern zu führen, wurden Abstimmungsmaschinen in Gang gesetzt, die erst Rat- und Hilflosigkeit, später Ohnmacht und Wut auslösten. Dabei soll doch seit der Aufklärung der Citoyen, also der Staatsbürger, aktiv und eigenverantwortlich am Gemeinwesen teilnehmen und es mitgestalten. Nicht von ungefähr wurde das Adjektiv "alternativlos" zum Unwort des Jahres gekürt. Das Wort gehört zum Sprachschatz von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die aus der experimentellen Physik besseres wissen müsste. Jüngst erfuhr sie es, als sie auf Grund des Meinungsbilds der Bürger den Ausstieg aus dem Atomausstieg revidieren musste. Es gibt eben doch immer eine Alternative. Davon sind übrigens auch die Griechen überzeugt, die sich derzeit dem Diktat ihrer und der Politiker Europas unterworfen sehen. Die repräsentative Demokratie ist in einer Krise, weil sie jede Einbeziehung oder auch nur Nachfrage der Bürger als Störung empfindet. Entsprechend reagieren die Bürger, in dem sie sich mit Volksbegehren und Bürgerentscheiden gegen Beschlüsse von Räten und Parlamenten zur Wehr setzen und politische Beschlüsse rückgängig machen. Andernorts aber ist ein konstruktives politisches Bürgerengagement möglich, wie das Beispiel der von der Bertelsmann-Stiftung mit dem Reinhard-Mohn-Preis ausgezeichneten brasilianischen Stadt Recife zeigt. Ernsthafte Beteiligungsmöglichkeiten, echte Mitbestimmung über die Verwendung von Haushaltsmitteln sind eine sinnvolle, praktikable und zudem effiziente Ergänzung der repräsentativen Demokratie. Mehr Basisnähe macht Entscheidungen nicht nur transparenter, sondern auch zum Votum aller. Dies zu erreichen braucht es mehr als ein ein neues Verwaltungsverfahrensgesetz, das Merkel in Gütersloh ankündigte. Notwendig ist eine Rückbesinnung auf die Werte der Aufklärung. Werte, die zum Kulturerbe Europas gehören und wiederbelebt werden müssen. Aus Wutbürgern können Mutbürger werden, wenn sie bürgerschaftlich handeln dürfen. Dass sie dazu bereit sind, zeigen Erfahrung und Umfragen.

Quelle: Neue Westfälische (ots)

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