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BERLINER MORGENPOST: Und die Politik schweigt

Archivmeldung vom 01.03.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.03.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Kurzform: Statt über konkrete Lösungen zu sprechen, wie den betroffenen Autofahrern geholfen werden kann, wird jetzt nach dem Urteil leidenschaftlich um die Frage gestritten: "Blaue Plakette - ja oder nein?" Wir erleben einmal mehr einen Nebenkriegsschauplatz als Politikersatz. Als ob die Luft an den Hauptverkehrsstraßen in unseren Städten durch Plaketten irgendwie besser würde. Selbstverständlich muss bei Fahrverboten für die Behörden das schmutzige vom sauberen Auto zu unterscheiden sein. Aber diese Frage stellt sich jetzt noch nicht.

Aktuell und brennend ist die Frage: Wie kann Schaden vom Bürger abgewendet werden? Und: Wie kann er wieder Vertrauen in Staat und Automobilhersteller zurückgewinnen? Die Antworten darauf stehen noch aus. Das ist mehr als frustrierend und schürt einmal mehr die Politikverdrossenheit. Tag eins nach dem Urteil des Leipziger Bundesverwaltungsgerichts, das Deutschlands Autofahrer de facto in zwei Lager geteilt hat. Nämlich in die Guten, die mit den richtigen Motoren auch die schärfsten Grenzwerte beim Stickoxid einhalten können - und die Schlechten, man könnte auch sagen die "Dummen", die mit ihrem Diesel demnächst vor der Stadt halten müssen. Und deren Auto schon jetzt dramatisch an Wert verliert.

Selten hat es eine höchstrichterliche Entscheidung gegeben, die so massiv und unmittelbar privates Eigentum entwertet und in die Freiheit des Bürgers eingreift wie die Entscheidung des Leipziger Gerichts. Wer letzte Woche noch für einen schlappen Jahreslohn ein legales Dieselauto gekauft hat, weiß nicht, ob er es künftig noch überall benutzen darf. Brutaler kann man Bürgern das Urvertrauen in die Marktwirtschaft nicht rauben. Es geht um nicht weniger als 13 Millionen Betroffene, die jetzt wissen wollen, wie es weitergeht. Und sie hören: nichts. Außer hilflosen Allgemeinplätzen, für die sich niemand etwas kaufen kann. Die Politik steht ohne Antwort vor einem furchtbaren Scherbenhaufen. Es ist ein Desaster, das sie selbst durch hartnäckiges Nichtstun und durch völlig falsche Rücksichtnahme auf kriminelle Ingenieure mit angerichtet hat. Warum hat man nicht rechtzeitig die neuralgischen Verkehrspunkte entlastet?

Warum hat man das Abgasgeschummel von Teilen der Automobilindustrie so entspannt hingenommen? Warum waren gesetzlich vorgeschriebene Nachrüstung oder auch Abwrackprämien nicht ernsthaft Thema? Oder entschlossene Verbesserungen im Nahverkehr? Offenbar glaubten alle Beteiligten, dieses Problem löst sich irgendwann auf wie eine Abgaswolke nach dem Kaltstart. Hat es aber nicht. Und jetzt - das wird gerade den Millionen Betroffenen klar - müssen die Bürger allein dafür geradestehen. Und damit keine Zweifel aufkommen und der Schwarze Peter nur bei den Umweltschützern liegt: Selbstverständlich muss der Staat Schadstoff-Grenzwerte, die er aufstellt, auch einhalten. Aber der Staat hat genauso die Pflicht, rechtzeitig und mit dem nötigen Druck auf allen Ebenen dafür zu sorgen, dass dies am Ende auch gelingt. Und genau hier liegt das schlimme Versagen beim Thema Diesel-Fahrverbote. Und die peinliche Sprachlosigkeit der Verantwortlichen, die in anderen Fällen mit der größten Leidenschaft für kleinste Randgruppen ins Feld ziehen, macht es noch schlimmer.

Statt über konkrete Lösungen zu sprechen, wie den betroffenen Autofahrern geholfen werden kann, wird jetzt nach dem Urteil leidenschaftlich um die Frage gestritten: "Blaue Plakette - ja oder nein?" Wir erleben einmal mehr einen Nebenkriegsschauplatz als Politikersatz. Als ob die Luft an den Hauptverkehrsstraßen in unseren Städten durch Plaketten irgendwie besser würde. Selbstverständlich muss bei Fahrverboten für die Behörden das schmutzige vom sauberen Auto zu unterscheiden sein. Aber diese Frage stellt sich jetzt noch nicht. Aktuell und brennend ist die Frage: Wie kann Schaden vom Bürger abgewendet werden? Und: Wie kann er wieder Vertrauen in Staat und Automobilhersteller zurückgewinnen? Die Antworten darauf stehen noch aus. Das ist mehr als frustrierend und schürt einmal mehr die Politikverdrossenheit. "Wer jetzt eine Dieselpartei gründet, hat sofort 40 Prozent", schrieb am Mittwoch ein wütender Autobesitzer auf Twitter. Gut möglich, dass er damit recht hat.

Quelle: BERLINER MORGENPOST (ots)

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