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Börsen-Zeitung: Poker statt Schach

Archivmeldung vom 08.12.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.12.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Hopp oder top - die Bundesregierung besteht auf eine Änderung der europäischen Verträge. Keine "faulen Kompromisse", keine "Tricks", nicht mal "Trickschen" - deutsche Diplomaten reden kurz vor dem EU-Gipfel auf einmal ganz undiplomatisch. Aber beweisen gerade damit diplomatisches Geschick.

Denn dass die Bundesregierung vor dem Showdown in Brüssel einen knallharten Kurs fährt, hat gute Gründe. Kanzlerin Angela Merkel und Präsident Nicolas Sarkozy haben am Montag eine Vorgabe formuliert, hinter den der EU-Gipfel nun nicht zurückfallen darf, soll die Chance auf das Signal der Entschlossenheit und Geschlossenheit gewahrt bleiben.

Dabei geht es gar nicht unbedingt um die Frage, ob die angestrebte wirkungsvollere Überwachung nationaler Haushaltspolitik nicht auch über "Protokoll 12" oder andere pfiffige Varianten durchsetzbar wäre. Nein. Solche juristischen feinsinnigen Optionen provozieren doch nur den Verdacht, dass es Europas Regierungen doch nicht ganz ernst meinen. Da es beim EU-Gipfel aber gerade darum geht, Vertrauen zurückzugewinnen, verbietet sich alles, was Halbherzigkeit vermuten ließe.

Die Bundesregierung weiß, dass es jede Menge Vorbehalte gegen ihren Vorschlag gibt - vor allem in Großbritannien. Merkel muss daher die Flucht nach vorn antreten. Mit der bärbeißigen Ansage, sich zur Not eben nur mit denen zu verbünden, die zur Fiskalunion bereit sind, die berüchtigten "17 plus", setzt sie die Briten unter Druck. Schließlich muss Großbritannien davon ausgehen, dass es Frankreich und Deutschland gelingt, die anderen 15 Euro-Partner hinter sich zu bringen - und vielleicht ja auch noch Polen und ein paar andere. Gewiss, Staaten wie Irland haben gute Gründe, sich erst einmal zu wehren. Schließlich droht der Regierung die unschöne Aussicht, zum Referendum rufen zu müssen. Andererseits dürfte die akute Angst, dass das Rating der Euro-Partner und vor allem des Euro-Schirms sinken könnte, die Regierung in Dublin davon abhalten, gegen die Ansagen aus Berlin und Paris zu rebellieren. Der harte Kurs Berlins zwingt London dazu, Farbe zu bekennen - und erhöht den Druck auf die Euro-Partner, sich hinter Paris und Berlin zu versammeln.

Na klar, die Bundesregierung pokert. Das klingt riskant - und das ist es auch. Aber es wäre noch riskanter, sich wie üblich kompromissbereit zu zeigen und sich auf geschickte Schachzüge in der EU-Gipfelnacht zu verlassen. In Zeiten wie diesen ist Schach gefährlicher als Poker.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots)

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