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Die Leipziger Volkszeitung zu Abitur/Kultusminister

Archivmeldung vom 07.03.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.03.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Wenn der Westen vom Osten etwas lernen soll, dann krümmt er sich erst einmal vor Bauchschmerzen. Erst recht, wenn es nicht nur um den grünen Abbiegepfeil geht, sondern mit dem zwölfjährigen Abitur mitten ins Herz jahrzehntelang sorgsam gepflegter ideologischer Grundsatzdebatten trifft.

Turbo-Abitur heißt auf einmal, was im Osten früher gängige Praxis war und was seit der Wende sächsische und thüringische Schüler nicht nur schadlos überstanden haben, sondern mit dem sie bei Pisa auch noch souverän weit vorn mitspielten. Denn die beiden Ministerpräsidenten aus dem Westen, Kurt Biedenkopf und Bernhard Vogel, hielten aus guten Gründen am Zwölfjahresabitur fest. Deutschland hat im internationalen Vergleich schließlich ohnehin viel zu lange Ausbildungszeiten. In westdeutschen Bundesländern aber haben sich Eltern, Lehrer, Gewerkschafter und Schüler zu einem Aufschrei gegen die zu starke Belastung durch das G8-Abitur versammelt. Die Kinder fühlten sich überfordert, müssten zu viel Stoff in zu kurzer Zeit in sich hineinstopfen. Es seien zu viele Wochenstunden, für Fußball und Klavier bliebe keine Zeit mehr, lauten die Klagen. Von gestohlener Kindheit ist die Rede, von "Kinderschänderei" gar spricht die Chefin des Bundestags-Bildungsausschusses, Ulla Burchardt (SPD). Das kann insbesondere im Osten nur Verwunderung auslösen. Schließlich drängten seinerzeit, als es nur in Ostdeutschland das achtjährige Gymnasium gab, die alten Bundesländer auf die Einführung einer Mindestzahl von 265 Unterrichtswochenstunden bis zum Abitur. Das soll jetzt, da es den Westen auch betrifft, nicht mehr zu schaffen sein? Nun sind aber die Kinder in Hessen oder Bayern nicht weniger intelligent und weniger belastbar als die in Sachsen oder Thüringen. Woher kommen also Unzufriedenheit und Unbehagen? Einige Kultusminister und Schulleiter in den alten Bundesländern haben schlicht ihre Hausaufgaben nicht ordentlich gemacht. Einfach ein Jahr zu streichen und Stunden am Nachmittag draufzupacken, ersetzt kein Konzept für die Verkürzung des Abiturs. Damit ist der Unmut vorprogrammiert. Im Osten wurden viel eher die Lehrpläne entrümpelt und die Unterrichtsgestaltung neu durchdacht. Und die Abiturienten liegen nicht reihenweise beim Psychiater auf der Couch, wie es der Aufschrei vermuten lässt. Das bedeutet keinesfalls, dass die neuen Länder mit ihrem Weg zum Abitur den Stein der Weisen gefunden haben. Vieles muss - nun gemeinsam - weiter verbessert werden, um den Druck zu mildern und Schule gleichzeitig effektiver, zeitgemäßer zu gestalten. Von modernen Unterrichtsformen über längere Pausen bis zur Ganztagsschule reicht die noch nicht ausgeschöpfte Palette. Nun ausgerechnet die Kürzung der Unterrichtsstunden ins Auge zu fassen, um Kritiker zu beruhigen, ist der einfachste, aber schlechteste Weg. Es geht schließlich um die Qualität des Abiturs.

Quelle: Leipziger Volkszeitung (von Anita Kecke)

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