Boersen-Zeitung: Äpfel, Birnen und Banken
Archivmeldung vom 05.05.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittChapeau, Commerzbank! Jetzt ist es sozusagen amtlich: Die bisher "kleinste deutsche Großbank" - Martin Kohlhaussen hasste diese Bezeichnung geradezu - hat sich Ende März nach Bilanzsumme auf den zweiten Platz in der Branche vor HVB und Dresdner geschoben.
Die Deutsche Bank liegt bei 1 Bill. Euro. Von den
"annähernd 700 Mrd. Euro", die die Gelben bei Ankündigung der
Eurohypo-Übernahme avisiert hatten, sind allerdings nur 632 Mrd. Euro
geblieben - die "Commerzbank alt" ist im ersten Quartal vor allem als
Folge reduzierter Handelsaktivitäten um einen zweistelligen
Milliardenbetrag geschrumpft.
Wichtiger als Größe ist natürlich, was in der Erfolgsrechnung
hängen bleibt. Auch insoweit darf man der Commerzbank gratulieren.
Zweistellige Zuwächse in allen drei klassischen Ertragspositionen
Zins-, Provisions- und Handelsergebnis deuten ebenso wie die deutlich
verbesserten Resultate der Segmente darauf hin, dass auch dieses
Institut die Gunst der Konjunktur und der Finanzmärkte zu nutzen
vermochte. Und bei der Eigenkapitalrendite spürt der Branchenprimus
(40,4%) ja auch schon den heißen Atem des Verfolgers (31,3%) im
Nacken - oder nicht? Obacht! Zum einen können in der Wirtschaft wie
im Sport zwischen den Nummern 1 und 2 Welten liegen, zum anderen
hilft die Commerzbank bei der Präsentation ein wenig nach. Das ist
weder verboten noch intransparent und schon gar nicht neu, man muss
es nur wissen: Manche Häuser haben Äpfel in der Auslage und andere
Häuser Birnen; dann fällt der Vergleich bekanntlich schwer.
Konkret: Die Commerzbank rechnet sich Gewinne aus dem
Beteiligungs- und Wertpapierbestand traditionell als "operatives
Ergebnis" zu. Bei der Deutschen gibt es diese Ergebnisposition schon
ewig nicht mehr, Dresdner und HVB zeigen das, was verkaufte
Finanzanlagen einbringen, unterhalb des operativen bzw.
Betriebsergebnisses. Der Commerzbank spülte im ersten Quartal allein
der Verkauf eines Anteils an der Korea Exchange Bank über 400 Mill.
Euro in die Kasse. Das relativiert den auf den ersten Blick
spektakulären Anstieg des "operativen Ergebnisses", und es
relativiert die Kapitalrendite, aus der solche Sondererträge - anders
als nach der Definition der Deutschen Bank - nicht herausgerechnet
sind.
Fazit: Die Commerzbank hat sich im ersten Quartal gut geschlagen.
Aber nicht so gut, wie es aussieht.
Quelle: Pressemitteilung Börsen-Zeitung