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Börsen-Zeitung: Wahnsinn mit Methode, Kommentar zu Argentiniens Bondmarktauftritt

Archivmeldung vom 21.06.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.06.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Ausgerechnet Argentinien. Das Land, das 2001 mit einem Volumen von mehr als 100 Mrd. Dollar die bislang größte Staatspleite hinlegte, hat sich mit einer hundertjährigen Anleihe an den Kapitalmarkt getraut. Doch was auf den ersten Blick wie eine waghalsige Kommandoaktion wirkt, ist in Wirklichkeit gar keine. Wie bei vielen höher rentierlichen Anleihen zurzeit üblich, wurde auch dieses Papier dem Emittenten förmlich aus den Händen gerissen.

Argentinien ist erst das vierte Land, das eine Hundertjährige emittiert hat. Die Investoren überschütteten das Land bei einem Volumen von 2,75 Mrd. Dollar mit Orders über rund 10 Mrd. Dollar, so dass die zunächst avisierte Verzinsung von 8,25 Prozent auf 7,92 Prozent reduziert werden konnte. Das war nur rund ein Prozentpunkt höher als die laufende Verzinsung der 30-jährigen Dollar-Anleihe des Landes. Ein Schnäppchen für den argentinischen Staat, der vor wenigen Jahren von solchen Konditionen nicht einmal hätte träumen können.

Zwar hat sich die Lage in dem Land, dem nach seinem Bankrott 15 Jahre lang der Gang an den Kapitalmarkt versperrt gewesen war, verändert, und zwar aus Sicht der Finanzmärkte zum Positiven. Seit Dezember 2015 wird es mit Mauricio Macri von einem marktfreundlichen Präsidenten regiert. Dennoch sind die sehr hohe Nachfrage nach der Anleihe und das Resultat dieser Transaktion alles andere als nachvollziehbar.

Denn der gebotene Zins für den mit der Note "B" tief im Junk-Bereich verankerten Emittenten ist, wenn man ihn gegen die dafür einzugehenden Risiken hält, ein Witz, über den die Investoren vermutlich nicht hundert Jahre lang lachen werden. Die Historie bietet jedenfalls wenig Anhaltspunkte dafür, dass die Anleihe jemals zurückgezahlt wird. Seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1816 ist der Staat zehnmal pleitegegangen, allein seit 1951 sechsmal. Zuletzt gab es erst 2014 einen so genannten Selective Default.

Das macht aber nichts, da der Markt angesichts des extrem niedrigen Zinsniveaus auch ein entsprechend selektiv arbeitendes Gedächtnis zu haben scheint. Anders ausgedrückt: In ihrer Verzweiflung angesichts der extrem niedrigen Zinsen greifen die Investoren nach allem, was höhere Renditen auf dem Papier hat und bei drei nicht auf den Bäumen ist. Die ultralockere Geldpolitik und die Spekulation, dass Zentralbanken und Regierungen es im Notfall schon irgendwie richten werden, treibt die Investoren auf eine immer absurder werdende Art und Weise ins Risiko.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Christopher Kalbhenn

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