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WAZ: Was der Armutsatlas ausblendet

Archivmeldung vom 19.05.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.05.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Armutsforschung in Deutschland ist immer politisch gefärbt, also von handfesten Interessen geleitet. Wer sich nur an die gegenseitigen Schuldzuweisungen und Betrugsvorwürfe in der Großen Koalition erinnert, die vorigen Sommer mit dem letzten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung einhergingen, weiß: Mit Statistiken kann man alles zeigen, ohne etwas wirklich zu beweisen. Man muss sie nur in die gewünschte Richtung interpretieren.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat sich mit seinem neuen regionalen Armutsatlas dem im Grundsatz lobenswerten Ziel verschrieben, eine drohende Gefahr in die Köpfe der Menschen zu bekommen: die Gefahr des Verlustes von Zusammenhalt in einer wirtschaftlich sehr unterschiedlich robust verfassten Republik. Da ist gerade im Lichte der gegenwärtigen Krise, die ihre Wirkung zeitverzögert entfalten wird, etwas dran. In einer Gesellschaft, die ökonomisch auseinanderdriftet, steht früher oder später der innere Friede auf dem Spiel. Die Aussicht darauf, dass ganze Landstriche nicht nur im Osten, beschleunigt durch den demografischen Wandel, von einem traurigen Wechselspiel aus Arbeitsplatzmangel und Abwanderung leer gefegt werden, darf darum niemanden kalt lassen.

Allerdings kann man eine Gleichheit der Lebensbedingungen nicht verordnen. Es gibt überall in Europa ungleiche Ausgangsvoraussetzungen. Es gab sie immer. Und die Unerbittlichkeit der Globalisierung, die Unternehmen dahin ziehen lässt, wo qualifizierte Arbeitskräfte und eine zeitgemäße Infrastruktur vorhanden sind, werden diesen Zustand noch verschärfen. Im nationalen Maßstab, wo vielerorts bereits mit passgenauen Standortkonzepten gegen diese Widrigkeiten experimentiert wird, lässt sich diese Logik nicht aushebeln. Es wird Flecken in Deutschland geben, die sich aus der Abwärtsspirale nicht mehr befreien können.

Der Wohlfahrtsverband macht darum einen Fehler, wenn er den Ausgleich der räumlichen und strukturellen Ungleichgewichte zwischen Nord- und Süd-, zwischen Ost- und Westdeutschland in erster Linie über höhere soziale Transferleistungen stemmen will. Zuletzt betrugen die Sozialleistungen in Deutschland rund 700 Milliarden Euro - fast 30 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Nur: Bei den Bedürftigen kommt immer weniger an. Die Wirksamkeit dieser Verteilungsmaschine bedarf einer Steigerung. Davon abgesehen: Der beste Schutz gegen Armut und abgehängte Regionen ist Arbeit. Die Grundlage für gute Arbeit, die Armut reduziert, ist Bildung. 

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung

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