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Südwest Presse: Gesetzgebung

Archivmeldung vom 21.07.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.07.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Vielweiberei ist ab dem 1. Januar 2009 in Deutschland ganz legal möglich. Dann ist eine standesamtliche Ehe nicht mehr die Voraussetzung für die kirchliche Ehe - wenn jemand eine Religionsgemeinschaft findet, die ihn mehrfach traut. Nach dem deutschen Recht ist das keine Ehe, es hat keine zivilrechtlichen Folgen.

Dennoch sorgte es für eine Aufschrei: Wieder ein Stück Untergang des christlichen Abendlandes. Merkwürdig ist nur: Bundestag und Bundesrat haben dies schon Ende 2006 beschlossen. Doch es gab keinerlei Diskussion in der Öffentlichkeit, auch nicht von der bayerischen Landesregierung, für die heute Frauenministerin Christa Stewens zu Protokoll gibt, der Freistaat habe die Gesetzesänderung in der Länderkammer abgelehnt. Offensichtlich hat keiner gemerkt, was da in dem Gesetz steht, insbesondere keiner der Abgeordneten, die dafür brav die Hand gehoben haben. Das wirft ein merkwürdiges Licht auf sie: Wissen sie überhaupt noch, was sie da alles beschließen? Nun kann sich nicht jeder der 612 Parlamentarier auf allen Gebieten auskennen und sämtliche Gesetzesentwürfe genauestens studieren. Aber zumindest von den Fachleuten der Fraktionen erwartet man das eigentlich. Sie haben zwar einen Stab von Mitarbeitern. Doch letztlich stehen auch sie der Heerschar von Beamten in den Ministerien mit ihrer viel größeren Detailkenntnis immer wieder hilflos gegenüber. Da können beim Wähler leicht Zweifel aufkommen, wer letztlich das Sagen hat: die gewählten Abgeordneten, die es eigentlich haben müssten, oder die Beamten, die gerade die Feinheiten regelmäßig viel besser im Griff haben. Und die sind oft entscheidend. Die Parlamentarier sorgen aber auch an anderer Stelle für Zweifel, ob sie genug durchdenken, wofür sie stimmen. Das beste Beispiel dafür ist die Pendlerpauschale. Zunehmend werden Zweifel geäußert, ob ihre weitgehende Abschaffung verfassungswidrig war. Als über das Gesetz 2006 im Plenum abgestimmt wurde, war von solchen Zweifeln zumindest in der Regierungskoalition nur wenig zu hören. Schließlich hatten die Verfassungsressorts, also das Innen- und das Justizministerium, gemeinsam mit ihren Finanzkollegen bestätigt, alles sei mit dem Grundgesetz vereinbar. Nun zeigt die Reihe der erfolgreichen Klagen vor dem Verfassungsgericht, dass auch die Juristen in den Ministerien irren können. Zudem kommt immer wieder der Verdacht auf, dass in erster Linie politisch geprüft wird und weniger juristisch: Wichtig ist das Ergebnis. Ob es nach ein paar Jahren von Karlsruhe gekippt wird, scheint zweitrangig. Bei der Pendlerpauschale sollten aber gerade die Abgeordneten der Union nicht so tun, als wären sie immer die überzeugten Kämpfer gegen die Abschaffung gewesen. In ihrem "Regierungsprogramm 2005 bis 2009" steht das Ziel, im Gegenzug zu Steuersenkungen eine Vielzahl von Vergünstigungen einzuschränken. Namentlich sollte die Pendlerpauschale auf eine "angemessene Höhe" von 25 Cent reduziert und auch nur bis 50 Kilometer gewährt werden. Wer das fordert, sollte auch noch dazu stehen, wenn er auf den Regierungsbänken sitzt. Dass das Streichen von Vorteilen, die vielen zugute kommen, immer unpopulär ist, müssen gerade Politiker schon vorher wissen. Letztlich ist es nur zu gut verständlich, wenn sich die Wähler über ihre Abgeordneten wundern, wenn nicht mehr: Sie müssen mehr zu ihren einmal gesetzten Zielen stehen. Und sie müssen sich im Vorfeld mehr Gedanken darüber machen, was sie beschließen. Wenn nur noch Taktik ihre Arbeit bestimmt, schafft es die Ministerialbürokratie immer besser, in die Gesetze zu schreiben, was der Verwaltung gefällt, und nicht, was zum Wohl der Bürger ist.

Quelle: Südwest Presse

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