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Westdeutsche Zeitung: Biosprit

Archivmeldung vom 15.01.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.01.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Wenn die große Mehrheit der deutschen Autos ab 2009 mit sündhaft teurem Super Plus zwangsbetankt wird, haben nicht nur die Bundesbürger ein Problem. Auch Sigmar Gabriel dürfte in diesem Fall eines haben. Der sozialdemokratische Bundesumweltminister wird dann wohl kaum dazu in der Lage sein, schlüssig zu erklären, warum Autofahrer ab sofort acht Cent mehr für den Liter Benzin bezahlen müssen.

Und die Aussage, die Industrie habe ihm am "Runden Tisch Biokraftstoffe" die Zahl von 33 Millionen betroffenen Fahrzeugen verschwiegen, dürfte ihm dabei wenig helfen. Kein Wunder, dass der Argwohn wächst: Haben die Hersteller den Umweltminister gar über den Tisch gezogen, da es durchaus in ihrem Sinne ist, viele Autofahrer durch den Spritpreis-Horror an der Zapfsäule zum Kauf neuer Fahrzeuge zu zwingen? Alles deutet für Gabriel auf einen Image-Gau mit verheerenden Konsequenzen hin. Dabei hatte es im vergangenen Sommer so ausgesehen, als sei der Biosprit-Pakt zwischen Politik, Mineralölwirtschaft und Fahrzeugindustrie eine klassische Win-Win-Situation: Die Biosprit-Hersteller jubilierten über die Aussicht auf eine sprunghaft steigende Nachfrage, die Autohersteller angesichts des zu erwartenden Geschäfts mit Neuwagen - und Sigmar Gabriel, weil dieser sich als Retter des Klimas inszenieren konnte. Tatsächlich wird sich der Umweltminister aber nun wohl auf Massenproteste einstellen müssen. Der Zwang zur teuersten Kraftstoffsorte ist nicht nur zutiefst unsozial, weil er diejenigen trifft, die es sich nicht leisten können, alle zwei Jahre neue Autos zu ordern. Er ist auch umweltpolitisch umstritten, weil Bioethanol zwar sinnvoller Bestandteil im Energiemix ist, aber nicht zur Rettung des Weltklimas taugt. So geht sein Vorteil gegenüber Mineralöl verloren, wenn der Anbau der Rohstoffe die Klimabilanz trübt. Zudem belasten Dünge- und Pflanzenschutzmittel die Böden, und in Entwicklungsländern vertreiben Regierungen Menschen von ihren Äckern, um dort die lukrative Biomasse anzubauen. Für Gabriel gilt: Einmal mehr hat in der Politik Aktionismus über Weitsicht gesiegt, Image-Sucht über Vernunft, Industrienähe über soziale Sensibilität. Einmal mehr freut das die Wirtschaft, und einmal mehr zahlen die Bürger die Zeche.

Quelle: Westdeutsche Zeitung

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