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Berliner Morgenpost: Alles vorschriftsmäßig - und doch so schädlich

Archivmeldung vom 28.07.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.07.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Dass Juristen nach Gesetzeslage Recht sprechen und dabei des Bürgers Erwartung auf Gerechtigkeit oft zu kurz kommt, führt vielfach zu herber Enttäuschung. Sie ist nach der Wiedervereinigung von DDR-Bürgerrechtlern in den legendären Satz "Wir haben Gerechtigkeit erwartet - und den Rechtsstaat bekommen" komprimiert worden.

Politiker (und derzeit viele Manager) haben mit einer anderen Erfahrung zu leben: Nicht alles, was ihnen die internen Vorschriften erlauben, ist politisch oder moralisch akzeptabel. Das jüngste Opfer dieser Unfähigkeit zur Abwägung, was im Grenzbereich gerade noch statthaft, der Glaubwürdigkeit der eigenen Person wie der ganzen Polit-Kaste aber äußerst schädlich ist, heißt Ulla Schmidt. Es mag sich ja bei großzügigster Auslegung der Dienstwagen-Verordnung gerade noch am äußersten Rande des Erlaubten bewegen, was sich die SPD-Ministerin geleistet hat. Politisch und moralisch dagegen hat sie keinerlei Nachsicht verdient. Wer in Zeiten höchster Staatsverschuldung größte Sparsamkeit fordert, wer seinen medizinischen Gegenspielern Habgier vorwirft und wer angesichts prekärer Gesundheitskosten den Bürgern engere Gürtel zumutet - der muss Vorbild sein. Der darf sich keinen Dienstwagen quer durch Europa für zwei läppische, wohl bedacht konstruierte Termine nachfahren lassen. Der eine (Empfang beim Ortsbürgermeister) war überflüssig. Der andere (Info-Veranstaltung mit wahlberechtigten deutschen Rentnern) mehr dem nahenden 27.September geschuldet und damit eher eine parteipolitische als eine dienstliche Notwendigkeit. Frau Schmidt hat nach ihrer Rückkehr einiges zu erklären. Auch ihrem im tiefen Tal verharrenden Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier. Dem hat eine Steuergeld verschwendende Parteifreundin gerade noch gefehlt. Von der Bestätigung gängiger Vorurteile gegenüber den Politikern ganz zu schweigen. Warum eigentlich lernen selbst erfahrene politische Schlachtrosse nicht aus vergleichbaren Skandalen und Skandälchen der Vergangenheit? Ex-Minister Scharping (Flugaffäre), Ex-Parlamentspräsidentin Rita Süssmuth (Dienstwagenaffäre), Lothar Späth (gesponserte Flugreise) oder Kurt Biedenkopf (Ikea- Rabattaffäre) - sie alle und noch einige mehr müssten doch wohl Mahnung und Warnung genug sein. Doch je länger im Amt, desto größer wird offensichtlich die Distanz zum normalen Leben. Ein Minister kann sich nur noch schwerlich in die Alltagssorgen Otto Normalbürgers hineinversetzen. Auch deshalb, weil sein Büro alles für ihn regelt. Vom Einkauf über die Theaterkarte bis zur pünktlichen Bestellung des Dienstwagens. Da wächst das Risiko, sich von den Realitäten des Alltags abzukoppeln - und parallel dazu der Glaube, sich dienstlich erlauben zu können, was eigentlich gar nicht mehr dienstlich zu begründen ist. Ulla Schmidt hat den ohnehin bedrohlichen Abgrund zwischen Regierenden und Regierten weiter vertieft. Dafür hat auch sie eher eine "Auszeit" als Verständnis verdient. Um wieder auf den Boden derer zurückzukehren, für deren Interessen sie doch eigentlich angetreten ist.

Quelle: Berliner Morgenpost

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