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Mittelbayerische Zeitung: Griffiges Feindbild

Archivmeldung vom 26.01.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.01.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Seit Monaten tobt in der Linkspartei ein mehr oder weniger offener Kampf um das künftige Spitzenpersonal. Pragmatiker, die lieber heute als morgen in den Ländern oder sogar im Bund mitregieren würden, streiten sich mit linken Fundamentalisten, die die Bundesrepublik in ihren Grundfesten ummodeln wollen. Erst vor wenigen Wochen verständigte sich die Linke in Erfurt allerdings auf ein ziemlich radikales Parteiprogramm, mit dem Koalitionen mit anderen Parteien nahezu unmöglich gemacht werden.

Opposition pur einer Partei, bei der sich viele untereinander überhaupt nicht grün sind. Die Umfragewerte und das Erscheinungsbild der Linken sind gleichermaßen mies. Vor diesem Hintergrund kommt der Clinch um die Beobachtung von Links-Abgeordneten durch den Verfassungsschutz fast wie gerufen. Die Linke bekommt wieder ein griffiges Feindbild. Die Partei wird gewissermaßen zusammengeschweißt. Sich mit den "Schlapphüten" aus Köln anzulegen, gilt gewissermaßen als chic unter Deutschlands Linken. Ihre Wähler dürften das eher goutieren als abschreckend finden. Die Linke gefällt sich als Märtyrer. Auf der anderen Seite ist auch die harte Haltung von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich nicht frei von politischem Kalkül. Seine Klientel dürfte eher dafür sein, dass den Linken ordentlich auf die Finger geschaut wird. Die Debatte wird offenbar nicht nur von der Linken "hochgezogen", sondern auch von der Union kräftig angeheizt. Die Aufregung darüber scheint auf beiden Seiten künstlich erzeugt. Doch abseits von Nützlichkeitserwägungen steckt hinter dem Fall auch gehöriger Zündstoff für die schwarz-gelbe Koalition. Die den Bürgerrechten verpflichtete liberale Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger geht offen auf Distanz zum ihrem Kabinettskollegen Friedrich. Sie findet die Überwachung von Linken-Parlamentariern "unerträglich". (Ähnlich sieht dies übrigens Parlamentspräsident Norbert Lammert.) Das ist bemerkenswert undiplomatisch und sagt obendrein viel darüber aus, wie sich die beiden wichtigen Verfassungsressorts im Kabinett in wichtigen Fragen abstimmen: nämlich gar nicht. Rein rechtlich bewegen sich die Verfassungsschützer, die in Köln offenbar nur Interviews und sonstige Verlautbarungen von ausgewählten Linken lesen, zudem auf dünnem Eis. Sie "beobachten", nur, heißt es blauäugig vom Bundesamt. Das heißt auch, nachrichtendienstliche Mittel, etwa Überwachung des Telefon- oder E-Mail-Verkehrs, gebe es nicht. Man mag das den "Kölner Schlapphüten" ja gerne glauben, nur räumen die selbst ein, dass manches Landesamt sehr wohl andere Mittel einsetzt als nur intensives Zeitunglesen und Surfen im Internet. Selbst das Verfassungsschutzgesetz erlaubt die Beobachtung von Abgeordneten nur bei besonders schwerwiegenden Fällen. Und richtig brenzlig wird die Sache dann, wenn sogar Mitglieder des Bundestags-Kontrollgremiums, die eigentlich die Geheimdienste kontrollieren sollen, von denen ins Visier genommen werden. Da macht sich der Bock zum Gärtner. Eine gesetzliche Klarstellung, wann und mit welchen Mitteln der Verfassungsschutz im Fall gewählter Abgeordneter aktiv werden darf, scheint dringend nötig. Dies übrigens auch im Interesse des Verfassungsschutzes selbst. Denn dass die Behörden dieses Dienstes auf Bund- und Länderebene bei der Zwickauer Terrorzelle so dramatisch versagt haben, war kein Ruhmesblatt. Diesen schwachen Eindruck können sie nun nicht etwa mit besonderer Forschheit gegen Linke wettmachen.

Quelle: Mittelbayerische Zeitung (ots)

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