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Börsen-Zeitung: Nicht nur gebellt

Archivmeldung vom 04.06.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.06.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Prudential hat die Übernahme der asiatischen AIG-Tochter American International Assurance (AIA) abgeblasen. Für die Aktionäre des britischen Versicherers war der Kaufpreis von 35,5 Mrd. Dollar zu hoch - gemessen an nicht abschätzbaren Risiken. Der größten Kapitalerhöhung, die jemals für die Finanzierung einer Firmenakquisition beantragt wurde, hätte sie sich verweigert. Deshalb wurde das Management ausgebremst. Das ist gut so.

Aktionäre bestimmen die Strategie ihres Unternehmens, wenn es darauf ankommt. Von Verheißungen ehrgeiziger Vorstände, die von riesigen Wachstumschancen und Gewinnen reden, lassen sie sich nicht länger blenden. Sie zwingen die Führung ihres Unternehmens, das im Notfall "too big to fail" und auf riesige Steuerhilfen angewiesen sein könnte, zum Kurswechsel. Nach der Absage einer für den britischen Versicherer wahrlich transformatorischen Transaktion darf man nun hoffen: Die Zeiten, in denen Aktionäre bellten, aber nicht bissen, sind vorbei.

Aus strategischer Perspektive waren die Übernahmepläne durchaus überzeugend. Prudential hätte ihr Geschäft noch stärker in dynamisch wachsende Schwellenländer verlagern können. In sieben Märkten Asiens wären die Briten schlagartig zum führenden Lebensversicherer aufgestiegen. Gelegenheiten, die Wettbewerbsposition ähnlich kräftig auszubauen, dürfte es so schnell nicht wieder geben. Doch der Kaufpreis hätte dem 1,7fachen des gegenwärtigen Börsenwerts von Prudential entsprochen; die Kapitalaufstockung von 21 Mrd. Dollar hätte die Marktkapitalisierung glatt verdoppelt. Diese Verhältnisse waren angesichts der weltweit nicht ausgestandenen Finanz- und Schuldenkrisen und angesichts volatiler Kapitalmärkte einfach zu furchterregend.

Prudential hat sich mit dem AIA-Projekt übernommen. Die Rechnung für das Scheitern beläuft sich nun auf 450 Mill. Pfund, Reputationsverluste kommen für den Versicherer noch oben drauf. Der Vorstandschef wird den Aktionären ein überzeugendes Langfristkonzept für Prudential vorlegen müssen - oder er wird seinen Job bald los sein. Unabhängig von den Kosten und möglicherweise verschlechterten Gewinnaussichten hat sich der Übernahmeversuch für die Investoren aber doch gelohnt: Ihre Rechte und Pflichten haben sie zur rechten Zeit wahrgenommen. Vom Scheitern des Versicherers geht ein Signal aus, das Aktionären auch in anderen Großkonzernen Mut geben könnte.

Quelle: Börsen-Zeitung

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