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Leipziger Volkszeitung zu Polen-Russland

Archivmeldung vom 09.02.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.02.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Nach sechs Jahren spricht ein polnischer Regierungschef wieder in Moskau vor. Noch bevor er in die USA fliegt. Allein schon diese Geste hat die Kraft, Eisschollen zu knacken. Und löst tatsächlich erste Blockaden wie das russische Importverbot für polnisches Fleisch.

Doch man sollte nicht zu viel erhoffen von den Gesprächen Donald Tusks mit Wladimir Putin. Ihr Treffen ist ein Funke im eisigen Ostwind. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die Jahre der Eiszeit zwischen beiden Staaten haben wieder einmal gezeigt, wie abhängig Weltpolitik von den Akteuren sein kann. Die erzkonservative polnische Doppelspitze aus Lech und Jaroslaw Kaczynski wollte partout kein Gespräch mit Moskau führen. Donald Tusk sieht keinen Grund, nicht zu Putin zu reisen. Dabei haben sich die Standpunkte beider Staaten nur wenig geändert. Das ist der Moment, wo Umgangsformen wichtig werden. Auch wenn der Streit bleibt, kann man wenigstens versuchen, auf konträre Positionen vernünftig einzugehen. Russland wurde unter Putin zu einem auch nach außen selbstbewussten Staat. Der Kreml sieht in Polen einen Handlanger der USA, einen Teil des Westens, der seine militärische Grenze und seine Stützpunkte gen Osten verschiebt. Auch ein Raketenradar der USA auf polnischem Boden beunruhigt Russland. Nicht von ungefähr kam gestern - zeitlich zum Treffen mit Tusk und zur Münchner Sicherheitskonferenz - Putins Warnung vor einem neuen Rüstungswettlauf. Längst zählt Russland wieder wie zu Zeiten des Kalten Krieges, wo wieviele Soldaten welchen Lagers stationiert sind. Der Präsident kultiviert das Lagerdenken mit scharfer Rhetorik. Der weltpolitische Alltag mit seinen Streitpunkten Kosovo, Iran, US-Raketenschild, KSE-Vertrag zeigt, dass sich Westen und Osten tatsächlich gegenüberstehen. Zumindest mit gegensätzlichen Ansichten. Polen sah sich wegen der Ostsee-Pipeline energiepolitisch isoliert, schaltete deswegen auf stur und wollte Russland zudem eine Debatte über Kriegsverbrechen der Sowjetarmee abtrotzen. Seine alten Ängste und neuen Ressentiments gegenüber dem Riesen im Osten trug Warschau zu Lasten der EU aus, deren Beziehungen zu Russland dadurch lahm gelegt waren. Die Putin-Riege lachte sich derweil ins Fäustchen über das gespaltene Europa. Nun lösen die Polen noch lange keinen politischen Klimawandel aus, nur weil sie mit den Russen reden. Doch Tusks Reise ist eine erste Etappe auf einem langen Weg. Polens Regierungschef löst einen Bremsklotz. Die wirtschaftliche Abgrenzung beider Länder hat ein Ende. Zudem können die EU und Russland endlich ein neues Abkommen aushandeln, was durch Polens Veto blockiert war. Sollte in den USA ein Demokrat ins Weiße Haus einziehen, verschwinden die Raketenabwehrpläne wohl wieder in den Schubladen. Dann normalisiert sich auch das Verhältnis zwischen Russland und Nato. So hilft mitunter die Zeit beim Problemelösen. Und die Moral von der Geschicht' klingt wie eine Plattitüde: Das politische Klima verhält sich wie das globale - es wandelt sich zyklisch. Und der Mensch hat seinen Einfluss - im Guten wie im Schlechten.

Quelle: Leipziger Volkszeitung (von Andreas Friedrich)

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