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Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Piraterie

Archivmeldung vom 06.08.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.08.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Gottlob - sie sind frei. 120 Tage lebte die Crew der vor Somalia entführen »Hansa Stavanger« in Todesangst, war Psychoterror durch Scheinhinrichtungen ausgesetzt, litt unter Hunger und Entbehrung. Die Freiheit brachte nicht etwa die in voller Kampfstärke eingeflogene Spezialeinheit GSG 9.

Die musste schon Ende April unter blamablen Umständen abgezogen werden. Es war auch nicht der Krisenstab der Bundesregierung, der die Freilassung der 24 Seeleute erreichte. Am Ende war es Sache der Reederei, das von 15 auf 2,1 Millionen Euro heruntergehandelte Lösegeld zu zahlen und damit die Crew zu erlösen. Wieder einmal hat das zynische Geschäftsmodell der Piraten funktioniert. Die befreiten Seeleute und die »Hansa Stavanger« sind noch nicht einmal im sicheren Hafen in Kenia angekommen, das fühlen sich Politiker der Großen Koalition zu Schelte an der Reederei berufen. Prominentester Kritiker ist SPD-Kanzlerkandidat und Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Lösegeldzahlungen seien »nie eine gute Möglichkeit, um mit Entführungen zurecht zu kommen.« Welche anderen Möglichkeiten er bevorzugt hätte, behielt der Außenminister freilich für sich. Es lässt sich eben trefflich über Staatsraison und die Sicherheit der Weltmeere disputieren, wenn das wildeste Wasser, auf das man blickt, das der Spree ist, die an Kanzleramt und Bundestag entlangfließt. Wer, wie die 24 Seeleute der »Hansa Stavanger«, die gefährliche Passage rund ums Horn von Afrika auf sich nimmt, der muss sich darauf verlassen, dass der Schiffseigner im Notfall alles tut, um die Besatzung zu retten. »Der Reederei blieb gar nichts anderes übrig, als zu zahlen«, springt denn auch der Kriminalpsychologe Christian Pfeiffer den Hamburger Schiffseignern bei Leonhardt & Blumberg bei. Das gilt um so mehr, als es sich bei den Piraten am Horn von Afrika nicht um eine Handvoll Freibeuter handelt. Die Entführer sind bestens organisiert und schwer bewaffnet. Selbst eine massive Aufstockung der Atalanta-Schutzflotte der EU würde die Übermacht der Piraten allenfalls schmälern, nicht aber beenden. 2,5 Millionen Quadratmeter groß ist das Einsatzgebiet im Golf von Aden und im Indischen Ozean - Kontrolle unmöglich. Der Schlüssel zur Bekämpfung der Piratenplage liegt nicht auf See, sondern an Land. Solange in Somalia Hunger und Anarchie herrschen, Familienclans ganze Provinzen beherrschen und der Staat faktisch zusammengebrochen ist, werden die Piraten weiter Zulauf finden. Militärisch ist den Piraten nicht beizukommen. Bleibt also nur eine Offensive ganz anderer Art: humanitär und diplomatisch. Schnelle Erfolge sind damit nicht zu erzielen. Langfristig aber wird es keine andere Lösung geben. Vorerst müssen wir uns damit abfinden, dass weiterhin Schiffe entführt werden. Und dass weiterhin Lösegeld gezahlt werden wird. Auch wenn darunter die Staatsraison leidet.

Quelle: Westfalen-Blatt

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