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Börsen-Zeitung: Ruhe vor dem Sturm

Archivmeldung vom 25.08.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.08.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die Hoffnung trägt nicht mehr. Elf Wochen in Folge haben Europas Aktienkurse, gemessen am Benchmarkindex Stoxx 600, zugelegt, weil Investoren auf neue Stimuli der großen Notenbanken für die schwächelnde Weltwirtschaft gesetzt haben. Doch nun ist diese Serie gerissen. Selbst die unerwartet deutlichen Hinweise im Fed-Protokoll von Mittwochabend reichten nicht dazu aus, die Notierungen noch weiter anzutreiben. Europas Aktienmärkte suchen nach neuer Orientierung.

Für die Ratlosigkeit breiter Investorenkreise gibt es inzwischen viele Indizien. Besonders gut ablesen lässt sich dies in jedem Falle daran, dass die Handelsaktivität an den Börsen sehr deutlich zurückgegangen ist. Je nachdem auf welchen Index man sich bezieht, sprechen Beobachter bereits vom niedrigsten Durchschnittsvolumen seit mehr als zehn Jahren, weil Langfristinvestoren fehlen.

Ein wichtiger Grund dafür ist es, dass die Schuldenkrise in der Eurozone die Anleger nachhaltig verunsichert - und in den nächsten Wochen steht eine Fülle enorm wichtiger Termine auf dem Kalender, die zu einer weiteren Verschärfung der Situation führen können. So ist natürlich bereits die geldpolitische Sitzung der Europäischen Zentralbank am 6. September im Fokus der Märkte. Mindestens so große Aufmerksamkeit finden die Pläne der EU-Kommission zur Einführung einer Bankenunion sowie die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Rechtmäßigkeit des Rettungsmechanismus ESM in der darauffolgenden Woche. Und daran schließen sich unter anderem die nächste geldpolitische Sitzung der US-Notenbank Federal Reserve sowie der Bericht der Troika über die Lage in Griechenland an.

Am Aktienmarkt reift deshalb die Einschätzung, dass die Kursverluste der abgelaufenen Handelswoche nicht bloß ein Intermezzo gewesen sind. Vielmehr deutet sich an, dass sich größere Skepsis breitmacht, so wie es beispielsweise am Rentenmarkt schon zu beobachten ist. Ein klares Signal geht dabei beispielsweise vom steilen Anstieg der Put-Call-Ratio auf den Benchmarkindex Euro Stoxx 50 aus, die vor dem Wochenende bei etwa 2,3 den höchsten Stand seit rund sieben Monaten erreichte: Für Investoren gewinnt die Absicherung des Anlageportfolios stark an Bedeutung.

Schon bevor die richtungsweisenden politischen und geldpolitischen Entscheidungen getroffen werden, dürfte die Schwankungsbreite an den Börsen spürbar steigen. Denn nun, in der eher nachrichtenschwachen Phase, ist fest davon auszugehen, dass die Anzahl der Gerüchte und Spekulationen deutlich wächst. So blieben schon in den zurückliegenden Tagen Berichte über ein internes Zinsziel der Europäischen Zentralbank für Anleihekäufe oder Vorverhandlungen Spaniens über einen Hilfsantrag in Brüssel nicht ohne Wirkung.

Die vorliegenden harten Fakten verheißen derweil nichts Gutes: Weltweit zeigen die Konjunktudaten und Frühindikatoren nun eine Abschwächung der Dynamik an. Die Marktstrategen der Société Générale arbeiten unter anderem mit einem Indikator, in den die Tendenz der Medienberichte über die Konjunktur einfließt und der in der Vergangenheit schon häufig eine gute Hilfe für die Investitionsentscheidungen der Bank gewesen ist. Er zeigt inzwischen in fast allen Regionen abwärts. Selbst in den Vereinigten Staaten, wo zuletzt nicht alle Wirtschaftszahlen enttäuscht haben, sind die Vorzeichen negativ, weil dort die Gewissheit wächst, dass die weltgrößte Volkswirtschaft mit ihrer immensen Verschuldung mittel- bis langfristig ein schwerwiegendes Problem bekommen wird. Eine dritte Runde von Staatsanleihekäufen durch die Federal Reserve würde dieses Problem letztlich nur aufschieben. Und dass diese Maßnahme kommt, ist ohnehin nicht sicher. Ein positiver Arbeitsmarktbericht für August, so meinen nun einige Beobachter, könnte die Währungshüter vielleicht doch noch von dieser Maßnahme abhalten.

Summa summarum heißt das alles, dass Europas Aktienmarkt in den nächsten Wochen Tummelplatz tradingorientierter Investorengruppen sein wird - mehr noch als zuvor. Und diese Akteure benötigen in den nächsten Wochen besonders starke Nerven. Eine rasante Korrektur ist dabei nicht auszuschließen, denn das Interesse an Anschlusskäufen ist zurzeit sehr klein. Sollten die Kurse noch etwas weiter nachgeben, dürfte deshalb die Bereitschaft wachsen, die kräftigen Gewinne der zurückliegenden Wochen zu verbuchen. Mit einem erneuten, elf Wochen anhaltenden Anstieg der Börsen ist so schnell jedenfalls nicht zu rechnen.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots)

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