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Berliner Morgenpost: Griechenlands Krise kann Europa stärken

Archivmeldung vom 17.02.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.02.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Erinnert sich noch jemand an das Mantra von Theo Waigel? "3,0 ist 3,0 und nicht drei", sagte der frühere Finanzminister immer dann, wenn er nach den Kriterien für den Beitritt in die Euro-Zone gefragt wurde. Was Waigel damals sagen wollte, war klar: Den Euro bekommt nur, wer die Vorgaben des Maastrichter Vertrags auf Punkt und Komma erfüllt.

Dass keiner der Kandidaten mehr als drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts an Neuverschuldung aufweisen sollte, wusste jeder, der die Debatte verfolgte. Und dass die Griechen, als sie dem Euro beitraten, die Kriterien mühevoll einhielten, die Zahlen des Landes aber das Papier nicht wert waren, auf dem sie standen, das ahnte auch jeder. Heute, Jahre später, rächt es sich, dass die anderen Europäer schulterzuckend ignorierten, was die Griechen ihnen servierten. Das Land lebte weiter über seine Verhältnisse. Spanien und Italien - früher als unsolide bekannt - mühten sich, ihre Finanzen zu sanieren. Griechenland aber dachte nicht einmal daran. Internationale Geldgeber fragen sich deshalb, ob Athen seine Kredite künftig noch bedienen kann. Je größer die Zweifel werden, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Banken dem Land neue Darlehen geben. Drehen die Institute den Geldhahn ab, ist der Staat pleite. Was soll's, könnte man sich sagen. Sollen die Griechen die Suppe doch selbst auslöffeln. Allerdings gibt es da ein Problem. Wenn das Land nicht mehr zahlen kann und die Euro-Zone-Länder nicht helfen, werden die Finanzmärkte bald auch auf den Ausfall ebenfalls angeschlagener Kandidaten wie Spanien, Portugal und Irland wetten. Und wenn diese Länder kein Geld mehr bekämen, droht die Katastrophe. Ginge zum Beispiel Irland pleite, könnte es einige britische Banken so kräftig schütteln, dass die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im Vergleich nur wie ein Vorspiel wirken würde, so die Angst der Politiker. Nichts in dieser Risikoanalyse ist absolut sicher. Es gibt viele Wenn und Aber. Dass die Politik so ein Erdbeben innerhalb kurzer Zeit auf keinen Fall ein zweites Mal riskieren will, ist jedoch verständlich. Hat man sich auf diese Grundannahmen verständigt, bleibt fast nur eine Option: Bevor Griechenland pleitegeht, muss die EU einspringen. Im Gegenzug wird das Land seine Souveränität zum Großteil an europäische Institutionen abgeben müssen. Dieser Machttransfer lässt sich bereits beobachten. Allen anderen - nicht nur den Wackelkandidaten - dürfte es auf Dauer ähnlich ergehen, will man die Euro-Zone politisch nicht sprengen. Am Ende dieses Prozesses könnte ein Ergebnis stehen, das viele EU-Mitglieder - allen voran Deutschland - nie wollten: eine Euro-Zone mit einer eng koordinierten Finanz- und Wirtschaftspolitik. Anstatt die Euro-Zone zu sprengen, könnte die Krise das Staatenbündnis also viel enger zusammenschmieden. Das ist nun einmal der Preis der gemeinsamen Währung. Nicht umsonst verglich Euro-Gruppe-Chef Jean-Claude Juncker das marode Griechenland und die Beistandspflicht der Euro-Zone mit Kalifornien und dessen Zugehörigkeit zu den USA.

Quelle: Berliner Morgenpost

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