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Westdeutsche Zeitung: Entsetzen zur besten Fernsehzeit

Archivmeldung vom 06.12.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.12.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Das Entsetzen wurde zur besten Fernsehzeit in Millionen Wohnzimmer ausgestrahlt. Großeltern, Eltern und Kinder wurden Zeugen, wie Moderator Gottschalk schon vor der Auto-Wette von Zweifeln geplagt war; wie sein Kandidat Samuel wie ein Stein vom Himmel stürzte und regungslos liegenblieb; wie Co-Moderatorin Hunziker als Erste wieder klare Gedanken fasste und nach einem Arzt rief. Dass die verunglückte "Wetten, dass . . ?"-Show nicht fortgesetzt wurde, war eine unumgängliche Entscheidung.

Besser wäre gewesen, die Wahnsinns-Wette wäre überhaupt nicht ins Programm genommen worden. Schneller, höher, weiter - seit der Antike ist das die Triebfeder der Unterhaltungsbranche. Seit im Fernsehen unzählige Programme um Quoten kämpfen, wird es immer schriller, gefährlicher, verrückter. Menschen stellen sich zur Schau, machen sich lächerlich, begeben sich in Gefahr. Und niemand hindert sie daran. Im Gegenteil: Sie werden animiert, und etliche junge Leute sind der festen Überzeugung, nur so - durchs Fernsehen - könnten sie sich eine Zukunft aufbauen. "Wetten, dass . . ?" hat einmal mit so harmlosen Spielchen begonnen wie dem, mit einem einzigen Luftzug die Kerzen eines Adventskranzes auszupusten. Spätestens am Samstagabend hat die letzte noch verbliebene große Familiensendung des deutschen Fernsehens diese Unschuld verloren. Aus Spaß ist bitterer Ernst geworden. Samuel K. hatte vor der Sendung vom "ekelhaften Gefühl" gesprochen, "Autos entgegenlaufen zu müssen, die auf einen zufahren". Das Auto, das ihm zum Verhängnis wurde, lenkte sein eigener Vater. Zur Ehrenrettung des ZDF ist zu sagen, dass Moderator Gottschalk bei der Absage seiner Sendung den richtigen Ton getroffen hat. Und dass die Kameras nicht der Versuchung erlegen sind, den bedauernswerten Verunglückten in Nahaufnahme zu zeigen. Nicht auszudenken, ein solcher Unfall wäre live in einer privaten Krawall-Fernsehsendung geschehen. Aber auch das Konzept der ZDF-Show muss sich infrage stellen lassen. Der Anspruch an Star-Auftritte und Heldentaten hat sich im Lauf der Jahre spiralförmig nach oben entwickelt - und nun einen tragischen Absturz erlitten. Wie bisher geht es jedenfalls nicht weiter mit Gottschalks "Wetten, dass . . ?".

Quelle: Westdeutsche Zeitung

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