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Wer frei ist, kann gehen...

Archivmeldung vom 04.04.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.04.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Andrea Nahles hat mal wieder laut nachgedacht. Diesmal im Politikmagazin „Cicero“ und der Anlass ihres Nachdenkens war „der digitale Wandel“ – also jene alle gesellschaftlichen Bereiche erfassenden Veränderungen, die mit dem Betreten des „Neuland Internet“ einhergehen.

Nun ist es ja so, dass man sich eigentlich immer Sorgen machen muss, wenn Politiker über (für sie) neue Phänomene und Entwicklungen nachdenken. In der Regel verstehen sie nämlich weder die Phänomene selbst noch können sie deren konkrete Folgen abschätzen. Dies trifft eigentlich auf alle Bereiche der Gesellschaft zu, insbesondere aber auf die Wirtschaft. Schließlich mangelt es den allermeisten Politikern an konkreter Erfahrung in der realen Arbeitswelt, sei es als Angestellter, als Selbstständiger oder gar als Unternehmer. Das Ergebnis solchen Nachdenkens geht dann in aller Regel immer in Richtung „mehr Staat“, auch und gerade dann, wenn das Gegenteil die besseren, effektiveren und günstigeren Lösungen verspräche.

Die Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles ist da natürlich keine Ausnahme und entsprechend gering ist der Innovationsgehalt ihrer Gedankenwelt. Nun muss man ihr nicht unbedingt zum Vorwurf machen, dass sie, was historische Entwicklungen betrifft, nicht wirklich sattelfest ist – wer 20 Semester Germanistik studiert hat, ist hier eben „fachfremd“. Ihr Vergleich des besagten digitalen Wandels mit der industriellen Revolution geht denn auch in die völlig falsche Richtung. Dass sie sich dabei besonders für die Bismarck’schen Sozialreformen erwärmen kann, verwundert natürlich eben so wenig. Als Sozialdemokrat begrüßt man nun einmal immer alles, was für mehr Staat und weniger individuelle Freiheit steht.

Insofern ist auch nachvollziehbar, dass Nahles große Schwierigkeiten hat, sich mit den „neuen Beschäftigungsformen“, die das Internet mit sich bringt, anzufreunden. Diese müssen unbedingt „in die Architektur unserer Sozialsysteme eingereiht werden“, so glaubt sie zumindest. Wer stets gut und auskömmlich von den durch die Steuerzahler finanzierten Staatströgen versorgt wurde, der kann sich nun einmal nicht vorstellen, dass es für insbesondere die jungen Menschen unseres Landes immer unattraktiver wird, eben jene Tröge mit ihrer Leistung zu füllen. Mit anderen Worten: Sobald den Menschen die Entscheidung freisteht, ob sie in die staatlichen Sozialsysteme einzahlen wollen oder nicht, entscheiden sie sich zumeist dagegen. Was nicht weiter verwundert, schließlich müssen sie aufgrund des demographischen Wandels
einerseits immer mehr hierfür abführen und werden andererseits – wenn die Zeit für sie einmal gekommen ist – kaum mehr adäquate Leistungen daraus beziehen können.

Insofern muss man Nahles’ Formulierungen schon richtig deuten. „Wird es in Zukunft ein berufsständisches Versorgungswerk für Crowdworker geben? Oder krempeln wir die 125 Jahre alte gesetzliche Rentenversicherung um und öffnen sie für Soloselbstständige?“ fragt sich die Arbeits- und Sozialministerin und klingt dabei natürlich harmlos, freundlich und wohltätigt. Tatsächlich aber fragt sie sich, wie die Selbstständigen am besten in das Pyramidenspiel der staatlichen Rentenversicherungen gezwungen werden können.

Schon Nahles Vorgängerin, Ursula von der Leyen, heuchelte, dass sie die Selbstständigen vor der Altersarmut bewahren wolle und sie deshalb in das staatliche Rentensystem zwangsaufgenommen werden müssten. Dabei würden die Selbstständigen am ehesten durch drei Dinge vor einer drohenden Altersarmut geschützt werden: Durch ein möglichst niedriges und einfaches Steuer- und Abgabensystem, durch möglichst viele unternehmerische Freiheiten und schließlich durch möglichst wenige staatliche Verwaltungsregularien und -gängeleien, welche die Selbstständigen primär von ihrer eigentlichen Arbeit abhalten.

Bei jener Debatte vor rund drei Jahren trat das klassische Argumentationsmuster aller Romantiker der staatlichen Wohlfahrt klar zu Tage: Wir wollen euch helfen, wir wollen euch etwas Gutes tun, behaupten sie, während tatsächlich das genaue Gegenteil geschieht. Mit jedem staatlichen Eingriff, mit jedem weiteren staatlichen Hilfs- oder Unterstützungssystem wird den Bürgern mehr von ihrer eigenen Leistung genommen und ihre Freiheit weiter eingeschränkt.

Tatsächlich ist es doch inzwischen das staatliche Renten- und Sozialsystem, das letztlich für eine flächendeckende Altersarmut sorgen wird. Der demographische Faktor wird mathematisch unausweichlich für das Ende der staatlichen, umlagefinanzierten Rente sorgen. Spätestens in rund 20 Jahren, wenn schließlich ein Arbeitnehmer mit seiner Arbeit noch einen Rentner mit ernähren muss, ist das Ende der Fahnenstange erreicht. Schon jetzt darf ein Arbeitnehmer mit Durchschnittseinkommen später gerademal auf eine Rente knapp oberhalb des Sozialhilfeniveaus hoffen – wobei hoffen genau das richtige Wort ist. Angesichts all der Rettungshilfen und -garantien, die nicht nur im Zuge der Eurokrise für andere Staaten ausgegeben wurden, ist es nämlich gar nicht einmal so unwahrscheinlich, dass er vollständig leer ausgeht, wenn er einmal das Renteneintrittsalter erreicht hat.

Hier ist auch der wahre Grund für Nahles „freundliche“ Gedanken zu suchen: Die Ministerin benötigt neuen Geldquellen für die Rentenkassen – spätestens die nächste Wirtschaftskrise wird hier auch durch das Staatssäckl nur schwer zu stopfende Löcher reißen. Ob die Selbstständigen dabei von ihrer Mitgliedschaft tatsächlich einen Vorteil haben oder ob nicht viel mehr die Zwangsmitgliedschaft in eben jener Kasse die Selbstständigkeit bereits zu ihrem Beginn für viele unmöglich macht, interessiert die Ministerin wohl eher weniger, wenn überhaupt.

Was aber Sozialingenieure wie Andrea Nahles übersehen und vermutlich auch nicht verstehen, ist folgendes: Das Internet und mit ihm der digitale Wandel eröffnet den Menschen ungeahnte Freiheiten. Wenn man schon einen historischen Vergleich anstellen wollte, dann würde sich eher die durch die Erfindung des Buchdrucks
angestoßene Reformationszeit anbieten. Das Internet stellt den Bürgern plötzlich eine Vielzahl an bisher kaum zugänglichen Informationen zur Verfügung. Es ermöglicht ihnen so, Sachverhalte aus unterschiedlichster Perspektive zu verstehen und zu begreifen. In der Folge zerbrechen alte Überzeugungen, alte Machtkonstellationen und alte Ordnungen. Die Bürger werden flexibler und nicht nur die Arbeitshierarchien lösen sich (teilweise) auf und mit ihnen verliert auch der räumlich feste Arbeitsplatz für zahlreiche Branchen an Bedeutung.

Wer aber dank eines Internetzugangs von überall auf der Welt aus arbeiten kann, dem fällt es deutlich leichter, mit den Füßen abzustimmen. Er sucht sich letztlich den für ihn attraktivsten Standort aus. Der attraktivste Standort aber ist sicherlich nicht jener, der Selbstständige dazu zwingen will, in ein zum Scheitern verurteiltes System einzuzahlen. Vielleicht sollte Frau Nahles darüber noch einmal nachdenken...

Quelle: Freitagsgedanken, von Dagmar Metzger, Steffen Schäfer und Christian Bayer, Liberale Vereinigung

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