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Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Situation im Iran

Archivmeldung vom 16.06.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.06.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Es gehört zu den großen Leistungen der Geschichte, dass Persönlichkeiten wie der später ermordete ägyptische Präsident Anwar el Sadat oder auch der türkische Staatsgründer Kemal Atatürk über den langen politischen Schatten des Islam gesprungen sind. Im ersten Fall wurde die Versöhnung mit dem Gegner auf gleicher Augenhöhe gesucht, im zweiten Fall die Trennung von Religion und Staat vollzogen.

Denn die Dominanz der Religion auch in der res publica, in den politischen Dingen, gehört zu den Grundsätzen des orthodoxen Islam. Dafür gibt es auch einen Fachbegriff, din wa daula, der eben besagt, dass Staat und Religion untrennbar verknüpft sind. Über diesen langen politischen Schatten des Islam kommt das Regime der Mullahs nicht hinweg. Es ist für die Mullahs undenkbar, dass der Wille des Volkes über dem Koran steht, dass Demokratie stärker sein soll als der Buchstabe des Koran und die Sprüche des Propheten, insbesondere seines Schwiegersohns Ali, des Begründers der schiitischen Variante des Islam. Deshalb werden sie die Demonstrationen unbarmherzig niederknüppeln lassen. Der Koran ist in islamischen Staaten so etwas wie das Bürgerliche Gesetzbuch bei uns. Es gibt allein 500 Koranverse, die Probleme des Straf- und Zivilrechts behandeln. Diese enge Verknüpfung ist es, die man in Europa nur schwer nachvollziehen kann, die aber im Iran, der ja auch eine andere historische Tradition hat, manchmal an Grenzen stößt. Im Iran sind 46 Prozent der Wähler jünger als 30 Jahre. Diese Gruppe kennt zwar nur das Regime der Mullahs, aber diese Gruppe will auch die strengen Sitten und Gebräuche lockern und auch die unmenschlichen Strafen abschaffen. Dafür gab es schon vorher Anzeichen, vor allem an den Universitäten. Deshalb waren die Revolutionswächter, die Wachhunde der Mullarchie, auf Unruhen vorbereitet. Es gibt nur eine Chance für die Reformbewegung: die Masse zu mobilisieren. Dafür braucht es Informationsträger und -strukturen. Sie sind in der Hand des Regimes. Youtube und CNN mögen nach außen gelangen. Den Widerstand organisieren können sie nicht. Es sieht nicht gut aus für die Reformer. Die Straßenschlachten und Großdemonstrationen, zu denen gestern Zehntausende zusammenströmten, finden machtpolitisch in einer Sackgasse statt. Daran ändert auch der Protest des Wahlverlierers Mussawi nichts. Auch Mussawi gehört zum islamischen Establishment. Seine Wahl hätte vielleicht die eine oder andere kleine Tür einen Spaltbreit geöffnet, eine radikale Reform, die das Attribut historisch verdient hätte, wäre von dem ehemaligen Ministerpräsidenten der Mullahs nicht zu erwarten gewesen. Indem er regimekonform protestiert, besänftigt er die Massen und spielt den wahren Machthabern, den Mullahs, in die Hände. Der Wächterrat wird sich mit dem Protest befassen - und am Wahlergebnis nicht rütteln.

Quelle: Westfalen-Blatt

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