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Börsen-Zeitung: Unter die Räder gekommen

Archivmeldung vom 01.03.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.03.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Buck Under the Truck - so lautet die Überschrift einer Studie der Analysten von Morgan Stanley zum jüngsten Niedergang des Dollar. Treffender kann man die Situation am Devisenmarkt aktuell wohl kaum umschreiben. Mehrere Monate lang scheiterten alle Versuche von Marktteilnehmern, den Euro über die Marke von 1,50 Dollar zu hieven.

Auf einmal ging aber alles ganz schnell. Nachdem der Euro den Widerstand bei 1,50 Dollar Mitte der Woche überwunden hatte, gab es eine Reihe von Allzeithochs in rascher Folge. Auf in der Spitze 1,5238 Dollar ist der Euro am Freitag gestiegen.

Im Grunde kann man Ben Bernanke für den Schwächeanfall des Greenback verantwortlich machen. Der Chairman der US-Notenbank Federal Reserve hatte den Ernst der Lage hinsichtlich der konjunkturellen Entwicklung in den USA sowie des Ausmaßes der Kreditkrise lange Zeit heruntergespielt, weshalb ihm viele Kritiker vorwarfen, er und sein Haus befänden sich "behind the curve", seien also von der Realität und dem Ernst der Lage überholt worden. Bei seinem Auftritt vor dem US-Kongress hat er sich jetzt bemüht, ein realistischeres Bild der Lage zu zeichnen. Nun ist davon die Rede, dass die Lage schwieriger sei als 2001, dem Jahr, in dem die USA zuletzt in eine Rezession rutschten. Bernanke sagt zudem eine Reihe von Pleiten bei US-Kreditinstituten voraus.

Und irgendwie drängt sich der Verdacht auf, dass die Fed die klassische Position, dass der US-Regierung grundsätzlich an einem starken Dollar gelegen ist, still und leise aufgegeben hat. Bernanke merkte jedenfalls an, dass der schwache Dollar dabei behilflich sei, das nach wie vor unerfreulich hohe Handelsbilanzdefizit der USA zu verkleinern.

Die Aussagen haben an den Märkten Wirkung erzielt. Gemessen an den Fed Funds Futures, die an der US-Terminbörse Chicago Board of Trade gehandelt werden, ist nun ein weiterer großer Zinsschritt der Fed von 50 Basispunkten (BP) anlässlich der nächsten Zinssitzung am 18. März vollständig eingepreist. Einer Senkung um 75 BP, wie sie bereits im Januar stattgefunden hat, wird inzwischen eine Wahrscheinlichkeit von rund einem Drittel zugeordnet. Dabei hat die Fed den Leitzins seit September um nicht weniger als 225 BP auf gerade noch 3% heruntergeschraubt. Dies alles sieht danach aus, als dass sich die USA in einer prekären Lage befinden, zumal der Spielraum der Fed nach unten begrenzt ist. Denn seit November hält sich die amerikanische Inflationsrate hartnäckig bei 4%. Es sieht nach einer Stagflation aus, auch wenn Bernanke dies vor dem Kongress dieser Tage noch abgestritten hat.

Die Reaktionen der Analysten lassen - vor allem außerhalb der USA - an Deutlichkeit kaum zu wünschen übrig. So heißt es beispielsweise bei der Bremer Landesbank, es gelte zu konstatieren, dass man sich in der größten globalen Finanzkrise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs befinde. Das aktuelle Zurückrudern Bernankes könne die Zuversicht in die Prognosequalität und damit auch die Glaubwürdigkeit der Fed nicht nachhaltig unterfüttern.

Für das Währungspaar Euro/Dollar bedeutet dies, dass sich die Verluste des Greenback zunächst noch fortsetzen dürften. Viele Analysten gehen von 1,59 bis 1,60 Dollar je Euro binnen zwei bis drei Monaten aus. Enttäuschende Konjunkturdaten - so etwa ein in der neuen Börsenwoche deutlich unter die kritische Marke von 50 sinkender US-Einkaufsmanagerindex oder eine kräftig rückläufige Beschäftigung - könnten den Niedergang des Greenback kurzfristig beschleunigen.

Auf mittlere Sicht lautet der Konsens der Analysten aber, dass die Eurozone nicht ungeschoren davon kommt, wenn in den USA die Rezession ausbricht. Dann aber wird auch die Europäische Zentralbank die Zinsen senken müssen, was eine Trendwende im Verhältnis von Euro und Dollar auslösen sollte.

Auf ganz lange Sicht gibt es eine große Unbekannte, die die Gemeinschaftswährung deutlich voran bringen könnte. Mittlerweile sagen zahlreiche Experten voraus, dass der Euro den Dollar als wichtigste Reservewährung ablösen wird. Die aktuelle Finanzkrise, die das Vertrauen in den Greenback unterminiert, könnte diesen Trend deutlich beschleunigen.

Quelle: Börsen-Zeitung (von Dieter Kuckelkorn)

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