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Fehlstart der Schwellenländer

Archivmeldung vom 22.02.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.02.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Hoffnungen auf eine überdurchschnittliche Performance von Emerging-Market-Assets in diesem Jahr haben sich bis auf Weiteres zerschlagen. Nach einem festeren Jahresbeginn stehen die Währungen der Schwellenländer seit Mitte Januar, als die Ausbreitung des Coronavirus begann, die Finanzmärkte zu verunsichern, unter Druck.

Der MSCI-Sammelindex der Emerging-Market-Währungen ist seither um bis zu 2,3% gesunken. Für die Aktienmärkte der Schwellenländer hat dies zur Folge, dass sich ihre Underperformance fortsetzt. Ihr auf Dollar lautender MSCI-Sammelindex hat seit Jahresbeginn 1,7% abgegeben, während sein Industrieländerpendant um 2,6% zugelegt hat.

Der Fehlstart der aufstrebenden Märkte hat eine zentrale Ursache. Die Coronavirus-Epidemie sorgt für erhebliche Verunsicherung unter den Marktteilnehmern, die auch am Höhenflug des Goldpreises erkennbar ist. Durch die von ihr ausgelösten ökonomischen Verwerfungen, deren Ausmaße derzeit noch nicht abgesehen werden können, droht eine Wiederholung der bösen Überraschung des Jahres 2019. Anstatt sich wie erhofft leicht zu beschleunigen, ist das globale Wachstum deutlich gesunken - und die Wahrscheinlichkeit, dass es 2020 weiter abbröckelt, gestiegen. Verunsicherung bzw. die damit einhergehende verstärkte Risikoscheu der Marktteilnehmer ist Gift für eine Asset-Klasse, die so stark von Kapitalzuflüssen aus den Industrienationen lebt wie die Emerging Markets.

Gewinner der Entwicklung ist neben den "klassischen" Safe-Haven-Währungen wie dem Schweizer Franken der Dollar, in den sich die Anleger in Krisensituationen gerne zurückziehen. Das war etwa während der Euro-Staatsschuldenkrise der Fall und auch zur Zeit des Lehman-Desasters, obwohl in diesem Fall die USA Verursacher bzw. Epizentrum der Krise waren. Die Dollar-Stärke bekommen nicht nur Schwellenländerwährungen zu spüren, sondern auch der Euro, der auf den niedrigsten Stand seit drei Jahren gesunken ist.

Die Schwellenländer sind allerdings eine heterogene Gruppe mit großen ökonomischen und wirtschaftspolitischen Unterschieden. Sie allein als Opfer des Coronavirus bzw. der erhöhten Risikoaversion zu sehen, würde zu kurz greifen. In vielen Fällen leiden ihre Währungen auch an selbstverschuldeten bzw. hausgemachten Problemen und Fehlentwicklungen. Paradebeispiel dafür ist Argentinien.

Das Land steht kurz davor, seinem "Track Record" als notorischer Pleitier eine neue Episode hinzuzufügen. Doch neben diesem üblichen Verdächtigen und dem von Unruhen erschütterten ehemaligen Musterknaben Chile gerät auch der große Nachbar Brasilien, der vor nicht allzu langer Zeit als ökonomischer Hoffnungsträger Lateinamerikas galt, in Bedrängnis. Die brasilianische Währung hat seit Beginn des Jahres 8% eingebüßt und am Freitag bei 4,41 Dollar pro Real ein Rekordtief erreicht. Dazu beigetragen haben die Sorgen über China, da mehr als ein Viertel der Ausfuhren Brasiliens auf das Land entfallen. Jedoch sind auch die Hoffnungen auf durchgreifende Reformen von Präsident Jair Bolsonaro inzwischen der Ernüchterung gewichen, nachdem der Reformeifer des Rechtspopulisten deutlich nachgelassen hat.

Die Liste der "Sünder" unter den Schwellenländern ist zu lang, um hier abgehandelt zu werden. Daher nur eine Auswahl weiterer Staaten. Die türkische Währung ist am Freitag auf ein Neunmonatstief von 6,12 Lira pro Dollar gesunken. Neben den sich verstärkenden Spannungen im Verhältnis zur syrischen Regierung wegen der Offensive in der Idlib-Region wird der Druck dadurch verstärkt, dass die Notenbank des Landes nicht mehr unabhängig ist und seit dem zurückliegenden Jahr ihren Leitzins auf Befehl des Präsidenten Recep Tayyip Erdogan drastisch gesenkt hat.

Unter Druck steht auch Südafrikas Währung, die kürzlich bei 15,19 Rand pro Dollar den tiefsten Stand seit viereinhalb Monaten erreichte. Die Währung zählt zu denen, die am stärksten negativ auf Risikoaversion reagieren, und auch die von der Corona-Epidemie ausgehenden Sorgen über die Rohstoffnachfrage haben zu ihrer Schwäche beigetragen. Hinzu kommen aber auch erhebliche interne Probleme wie u.a. Korruption und die prekäre Lage der öffentlichen Finanzen. Das Wachstum des Landes liegt am Boden, auch weil die staatliche, hoch verschuldete Eskom als einziger zugelassener Versorger nicht mehr in der Lage ist, die Versorgung zu gewährleisten. Infolgedessen kommen große Teile der Wirtschaft regelmäßig durch Stromausfälle zum Erliegen.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Christopher Kalbhenn


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