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Grenzen des Kartellrechts

Archivmeldung vom 11.11.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.11.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Als EU-Kommissarin Margrete Vestager zusätzlich zu ihrem Amt als Wettbewerbskommissarin die Zuständigkeit für das Thema Digitalisierung übernahm, wurden kritische Stimmen laut, ihre Bereitschaft könnte leiden, sich mit den marktmächtigen Big Techs anzulegen. Und als Vestager im Streit über Steuervermeidung eine Schlappe vor Gericht gegen Apple einstecken musste, fürchtete mancher, die Dänin könnte an Selbstbewusstsein gegenüber den Digitalriesen einbüßen. Am Dienstag hat Vestager bewiesen, dass diese Sorgen unbegründet waren.

Das Kartellverfahren gegen Amazon wegen des Verdachts unlauterer Geschäftspraktiken und eines Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung wird von der EU-Kommission weiter vorangetrieben und geht nun in die entscheidende Runde. Vestager bietet Amazon die Stirn - und das ist gut so. Schließlich sind die Vorwürfe plausibel, dass der Plattformbetreiber die Daten von unabhängigen Verkäufern zum eigenen Vorteil ausnutzt. Plausibel bedeutet zwar nicht, dass Amazon auf jeden Fall bestraft werden sollte. Aber plausibel heißt, dass es geraten erscheint, dieses Verfahren weiterzuverfolgen.

So richtig es ist, Amazons Geschäftspraktiken einer intensiven Prüfung auszusetzen, so deutlich wird indes aufs Neue, dass das Kartellrecht allein nicht ausreicht, um faire Bedingungen in einer Plattformökonomie zu garantieren. Nicht ohne Grund mahnten Europaabgeordnete umgehend zur Eile. Denn Wettbewerbsverfahren, die sich über viele Monate oder gar Jahre ziehen, laufen Gefahr, die Quasi-Monopolisten erst dann für ihre Praktiken zu bestrafen, wenn sie die Konkurrenz ohnehin schon aus dem Markt gedrängt haben.

Die Ermahnung zur Eile ist jedoch auch wohlfeil, da Kartellentscheidungen sehr ausführlich ermittelt sein müssen, um vor Gericht zu bestehen. Immerhin ist es wahrscheinlich, dass die Betroffenen gegen sie klagen. Europas Wettbewerbshüter befinden sich deshalb in der schwierigen Situation, eine gerichtsfeste Begründung im Expresstempo zu liefern.

Längst ist Politikern in Brüssel und Berlin klar, dass das Kartellrecht schnell an Grenzen gerät, wenn es allein die Big Techs bändigen soll. In der EU und in Deutschland wird daher völlig zu Recht an Gesetzesnovellen gearbeitet, die eine frühe, präventive Einmischung erlauben und generell bestimmte Praktiken von Akteuren untersagen, die zugleich Plattform und Anbieter von Produkten für den Endkunden sind - eine aus Wettbewerbsperspektive stets unselige Kombination.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Detlef Fechtner

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