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"DER STANDARD"-Kommentar: "Regierung in der Eurokrise"

Archivmeldung vom 25.01.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.01.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Für künftige Entscheidungen sind Aussagen von Maria Fekter ein ausgezeichneter Gradmesser. Meistens passiert das Gegenteil dessen, was die Finanzministerin ankündigt. Das war bei der Schuldenbremse, die sie nicht für nötig hielt, ebenso der Fall wie beim Schuldenschnitt Griechenlands, der "überhaupt nichts bringt". Die Aufstockung des Eurorettungsfonds hat die Ressortchefin im Vorjahr ins Parlament gebracht, nachdem sie eine Erhöhung der Mittel mehrmals in Abrede gestellt hatte. Am Dienstag hat Österreich seinen Kurs neuerlich geändert. Fekter hält eine neuerliche Ausdehnung des Rettungsschirms für "denkbar" und "konsensfähig".

Am Vortag äußerte sie sich noch ablehnend zu dem Vorschlag. Auch Bundeskanzler Werner Faymann ist plötzlich ein glühender Anhänger größerer Volumina zum Auffangen angeschlagener Staaten. Seinen europapolitischen Zickzackkurs, bei dem die Angst vor einer Volksabstimmung den Kompass ersetzt, hat der SPÖ-Chef zuletzt wieder bei der Diskussion über Vertragsänderungen zur Stärkung der Fiskaldisziplin in der Union eindrucksvoll bestätigt. Zurück zum Rettungsfonds: Die Aufstockung wurde kurz nach Fekters Wortmeldung von Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble in Abrede gestellt. Was die Ressortchefs hinter verschlossenen Türen nun tatsächlich verabredet haben, darüber kann nur gerätselt werden. Nicht gerade verbessert wird die Optik durch Fekters Beschwichtigungen, wonach höhere Haftungen für Schuldenstaaten keine zusätzliche Belastung für Österreich darstellten. Möglicherweise glaubt die Ministerin, dass sich im Wirrwarr der Rettungsmaßnahmen ohnehin niemand mehr auskennt und ihre Beruhigungspille daher uneingeschränkt Wirkung zeigt. Jedenfalls war immer vorgesehen, dass der Europäische Stabilitätsmechanismus an die Stelle des provisorischen Schirms EFSF tritt. Nun ist im Gespräch, die verbliebenen Mittel aus dem EFSF auch dann noch anzuzapfen, wenn der permanente Hilfsfonds schon eingerichtet ist. Gemeinsam mit dem ESM erhöht sich das tatsächlich abrufbare Volumen von 500 auf 750 Milliarden Euro. Österreichs Haftungen steigen damit klarerweise um die Hälfte auf etwa 30 Milliarden an. In dieser Betrachtung sind die Zinszahlungen der Fonds noch gar nicht miteingerechnet. Doch offenbar glaubt Österreichs Regierung immer noch, mit Halbwahrheiten und Beschwichtigungen über den Ernst der Lage hinwegtäuschen zu können. Diese Strategie ist spätestens seit dem Griechenland-Fiasko enttarnt, bei dem bisher noch kein Versprechen erfüllt wurde. Ein Hilfskredit folgt dem nächsten, die Chancen auf Rückzahlung der Gelder sinken gegen null. Das wirklich Beängstigende ist, dass die Täuschungsmanöver nicht nur die Glaubwürdigkeit der Regierung untergraben - das schafft sie schon locker mit ihrer Innenpolitik -, sondern das Vertrauen in die Union insgesamt schwinden lassen. Die Position des Landes in der EU wird durch die undurchsichtige Politik alles andere als gestärkt. Wo steht Österreich eigentlich? Mit Berlin eint Wien nur die Rolle des Nettozahlers, Allianzen (wenngleich instabile) schmiedet der große Nachbar lieber mit Paris. Vergleichbare Staaten wie die Niederlande haben in Europa weit mehr Einfluss als Österreich. Selbst Finnland hat mehr Gewicht. Das hat sich das wankelmütige Österreich selbst zuzuschreiben.

Quelle: Der Standard (ots)

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