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Mittelbayerische Zeitung (Regensburg) zu Kanzlerin Angela Merkel

Archivmeldung vom 04.03.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.03.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Vorbei? Vergeben? Vergessen? Nein, so leicht kann Angela Merkel die Verwerfungen durch die Plagiats-Affäre nicht hinter sich lassen. Mit seinem Abgang von der Polit- Bühne hat Karl-Theodor zu Guttenberg der Kanzlerin einen - wenn auch unfreiwilligen - Gefallen getan. Durch seinen Rücktritt verhindert er nämlich, dass ausgerechnet er selbst - der Superstar der Union - wegen seines erschummelten Doktortitels zum Bremsklotz bei den kommenden Landtagswahlen wird.

Doch Merkel steht mit ihrem miserablen Krisenmanagement in der Öffentlichkeit und in der Partei blamiert da. Und schlimmer noch: Sie stößt die bürgerlichen und gebildeten Stammwähler der Union vor den Kopf. Zu lange ließ die Kanzlerin die Causa Guttenberg laufen. Bis zuletzt stand sie unerschütterlich hinter dem Verteidigungsminister. Und der CSU-Politiker selbst erweckte noch am Tag vor seinem Rücktritt den Eindruck, dass er sich fest im Sattel glaubt. Seine 180-Grad-Wende in der Nacht vor seinem Abgang lässt sich nur mit dem drohenden Besuch der Staatsanwaltschaft erklären. Der politische Senkrechtstarter betätigte den Schleudersitz. Dass Merkel die Dynamik, die diese Affäre entwickeln würde, fatal unterschätzte, kann man sogar nachvollziehen. Offenbar ließ sie sich von den Ehr-Beteuerungen des Ministers so einlullen, dass sie ihr ansonsten eiskalter politischer Instinkt verließ. Zaudern und zögern gehören im Normalfall nicht zum Vokabular der Kanzlerin, wenn es um ihren Machterhalt geht. Doch im Fall Guttenberg wurde ihr das Krisenmanagement aufgezwungen. Für den Rückzug des Ministers existierte kein Plan. Erst am Tag des Rücktritts, als Merkel bereits überrumpelt war, erkämpfte sie sich das Heft des Handelns zurück. Mit ihren Beileidsbezeugungen für den gefallenen Polit-Star schaffte sie es zumindest, dass sie für das jähe politische Ende des Barons nicht persönlich verantwortlich gemacht wird. Doch Merkels Kardinalfehler wird ihr von vielen niemals verziehen werden. Ihre Aussage, sie habe einen Verteidigungsminister und keinen wissenschaftlichen Assistenten eingestellt, wird ewig als Makel an der Kanzlerin kleben. Damit stellte sie Guttenberg nicht nur eine zweifelhafte Absolution aus. Sie beging auch noch einen Affront gegen die versammelte wissenschaftliche Elite des Landes und gegen das gebildete Bürgertum - zwei Gruppen, für die die Erschleichung eines Doktortitels kein Kavaliersdelikt ist. Mit dieser zweiten Instinktlosigkeit verprellt Merkel die Konservativen, die sich vor der richtungsweisenden Wahl in Baden-Württemberg gerade wieder um das eigene Lager scharten. Eine Niederlage für die CDU im Südwesten würde Merkel deshalb persönlich angelastet werden. Für Guttenberg besteht ein Teil der Tragödie darin, dass er nun seine Bundeswehrreform nicht zu Ende bringen kann. Das Projekt wäre der erste echte Prüfstein seiner politischen Karriere geworden. Ein Erfolg hätte die Äquatortaufe auf dem Weg ins Kanzleramt bedeutet. Für die CSU, die sich nach Guttenbergs Sturz im Tal der Tränen wiederfindet, mag es ein schwacher Trost sein, dass sich jetzt mit Thomas de Maizière ein CDU-Minister mit Horst Seehofer um Kasernenschließungen streiten muss. Doch Guttenberg wäre nicht der erste Politiker, dessen eigentlicher Aufstieg erst nach dem Fall beginnt. Franz-Josef Strauß musste einst wegen der Spiegel-Affäre als Verteidigungsminister zurücktreten, um dann nach einer Schamfrist als König der CSU wiederzukehren. Schon 2013 könnte Guttenberg politisch wiederauferstehen. Falls die Union vor den Wahlen im Bund und in Bayern miserabel dasteht, werden ihn die Parteifreunde zum Comeback drängen. Einem Zugpferd wie ihm vergibt man Sünden.

Quelle: Mittelbayerische Zeitung

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