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Mittelbayerische Zeitung: Märsche ohne Marschierer? v

Archivmeldung vom 07.04.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.04.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Berlin, Frankfurt/Main, Hamburg, Kassel, Nürnberg, Stuttgart. In rund 80 Orten der Bundesrepublik gab es heuer am Osterwochenende wiederum Demonstrationen für den Frieden, gegen Krieg, Waffen, gegen Militär und massenhafte Gewalt. Die Orte des Protests sind aus den letzten Jahren bekannt. Es sind die Straßen der Städte und die Plätze vor Kasernen der Bundeswehr und der US-Streitkräfte. Allerdings drängt sich angesichts der spärlichen Teilnehmerzahlen die Frage auf: Ostermärsche - und (kaum) eine(r) geht hin?

Dass die traditionellen Friedensdemonstrationen zu den Osterfeiertagen seit Jahren unter schwindender Resonanz leiden, hat nicht nur mit dem teils kühlen und regnerischen Wetter in diesem Jahr zu tun. Seit Jahren schon kommen zu den einst machtvollen Märschen weniger Teilnehmer. Die Gründe für die um sich greifende Demo-Müdigkeit sind vielfältig. Und sie haben ganz gewiss nichts mit einer Friedensmüdigkeit der Menschen hierzulande zu tun. Wohl auch nichts mit einer Demonstrations-Überdrüssigkeit der Deutschen. Wenn etwa Tierschützer zum Protest gegen schlimme Zustände in der Massentierhaltung aufrufen, sind rasch 50 000 Menschen auf den Beinen. Und im Internet wird heftig über die lodernden Krisenherde auf unserer Erde diskutiert, über den blutigen Syrien-Konflikt, über mordende IS-Banden, über den Krieg in der Ost-Ukraine, das Pulverfass Nahost und über internationales Eingreifen und deutsche Waffenexporte. Es gäbe also genug heiße Eisen, an denen sich Protest entzünden könnte. Tut er auch. Doch zugleich sind die jetzigen Konflikte vertrackter, vielschichtiger als sie es zu Zeiten des Kalten Krieges oder auch zu Anfang der 1990er Jahre und zu Beginn des 21. Jahrhunderts waren. Der deutschen Friedensbewegung, die in den 80er Jahren im Westen Hunderttausende Menschen im Protest gegen die Raketen-Nachrüstung der Nato vereinte, fehlt heute erst recht ein einfaches, griffiges, Schwarz-Weiß-Feindbild. In der DDR gab es zur Zeit der großen Blockkonfrontation einerseits staatlich verordnete Massenproteste gegen die Nato-Rüstung. Zugleich aber entwickelten sich auch zahlreiche Friedensbewegungen von unten, etwa unter dem Dach der Kirchen. Und die wollten sich nicht an das schlichte Motto halten: Sowjetunion gut, der Westen aber böse. Und so wie die Konflikte heute vielfältiger sind, haben auch die Friedensdemonstranten vielschichtigere Motive. Und viele von einst bleiben heute lieber zu Hause. Ein Teil der Demonstranten mag damit kokettieren, dass sie als "Russland-Versteher" Front gegen die offizielle Berliner Regierungspolitik machen können. Dabei wollen sie doch nur, dass man die Sicherheits-Interessen der einstigen Supermacht im Osten berücksichtigt. Nichts anderes wollen übrigens Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier. Andere Protestler wiederum wenden sich mit dem radikal-pazifistischen Wort der früheren Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner "Nie wieder Krieg" gegen jedwedes militärisches Eingreifen, gegen jedwede Waffenlieferungen und sonstige Unterstützung durch Deutschland und die Verbündeten. Dafür wiederum steht die jetzige Bundesregierung in Berlin. Und eine Mehrheit der Deutschen beurteilt diese Politik äußerst kritisch. Man kann die diesjährigen Proteste der Friedensaktivisten als blauäugig, realitätsfremd, ja verantwortlungslos ablehnen, eines jedoch sollte man der zahlenmäßig kleinen Schar der Ostermarschierer nicht absprechen: Ihre wirkliche Sorge um den Frieden.

Quelle: on Reinhard Zweigler Mittelbayerische Zeitung (ots)

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