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Explosiver Wasserstoff

Archivmeldung vom 25.07.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.07.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Die politische und kommerzielle Unterstützung für klimafreundliche Wasserstofftechnologien hat die Aktien vieler Produzenten von Brennstoffzellen im laufenden Jahr kräftig beflügelt. Der seit Februar an der Börse Stuttgart berechnete, 17 Werte umfassende Global Hydrogen Index etwa hat seit Auflegung um 16,7% zugelegt.

Und auch das Papier von Nikola, dem vielbesungenen Hersteller von Lastwagen mit H2-Antrieb, verzeichnete nach seinem Börsendebüt zunächst gewaltige Kursexplosionen. Nun befürchten einige Marktbeobachter aber bereits, dass der Boom bei Nikola schon vorbei sein könnte - und auch die Hausse der restlichen Branche auf wackligen Beinen steht.

Tatsächlich sind die Bewertungen vieler Wasserstoff-Titel bereits sehr hoch. Das Zwölfmonats-Kurs-Gewinn-Verhältnis von Nikola liegt beispielsweise bei über 490. Schließlich hat der Lastwagenbauer bislang kein einziges Fahrzeug verkauft und kann daher weder Umsatz noch Gewinn ausweisen. Selbst bei einem großen Teil der etablierteren Unternehmen, deren Aktien vom Wasserstofftrend mitgezogen werden, stehen seit Jahren deutliche Verluste zu Buche.

Laut einigen Experten befinden sich die Papiere derzeit in einer ersten Hype-Welle, die bei geringfügigen Rückschlägen schnell abflauen kann. Gerade Privatanleger, die spät von der Euphorie um das Marktsegment angesteckt wurden und auf hohen Niveaus zugekauft haben, dürften sich demnach aus Enttäuschung in Scharen verabschieden. Seit Monatsbeginn haben einige Titel denn auch starke Kursverluste hinnehmen müssen. Nikola notierten nach dem Börsendebüt zeitweise auf über 80 Dollar, am Freitagabend wurde die Aktie dann nur noch zu 30,96 Dollar gehandelt. Grund für den Absturz ist neben der Tatsache, dass früh eingestiegene Aktionäre inzwischen in großem Stil Gewinne mitnehmen, auch eine angekündigte Ausgabe neuer Aktien.

Angesichts solcher Entwicklungen nun davon zu sprechen, dass sich der Wasserstoff-Hype bereits auflöst, wäre aber verfrüht. Denn einerseits ist eine gewisse Abwärtskorrektur nach den steilen Kursanstiegen der vergangenen Monate durchaus normal. Und andererseits wird der H2-Börsenboom ähnlich wie die Hausse im Tech-Segment durch langfristige fundamentale Trends gestützt. Was für die Datenriesen die immer höhere Nachfrage nach Rechenleistung und Speicherkapazitäten ist, ist für die Wasserstoffunternehmen der Kampf gegen den Klimawandel, den Regierungen zu einer der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts erklärt haben. Auch wenn die Maßnahmen der Staaten unzureichend sein mögen, führen sie doch zu Impulsen für die Wasserstoffbranche und die Aktien aus dem Sektor.

So verfolgt die Bundesregierung mit einem geplanten 9 Mrd. Euro schweren Förderprogramm im Rahmen ihrer Wasserstoffstrategie das Ziel, auf dem Gas basierende Energieträger als Schlüsselelement der Energiewende zu etablieren. Auch die EU-Kommission hat eine Strategie entworfen und stellt bis 2050 Investitionen von ungefähr 180 Mrd. Euro in Aussicht. Direkt von der Förderung profitieren werden vermutlich vor allem große Energie- und Industriekonzerne. Doch deren Bedarf an Brennstoffzellen und damit einem funktionierenden Zulieferernetzwerk dürfte mit der erwarteten Explosion der Wasserstoffnachfrage gewaltig steigen.

Die Furcht von Privatanlegern, den Hype um das Marktsegment zu spät erkannt zu haben, ist trotzdem nicht zu vernachlässigen - und die Scheu, nun auf teils hochvolatile Einzeltitel zu setzen, daher verständlich. Bedauerlich ist, dass es bisher wenige Möglichkeiten gibt, an der Entwicklung des gesamten Sektors zu partizipieren.

Aktiv gemanagte Fonds, die ausschließlich auf Wasserstoff-Titel setzen, gibt es derzeit ebenso wenig wie reine H2-ETFs. Immerhin sind inzwischen Zertifikate handelbar, die Wasserstoff-Indizes abbilden - doch die für diese Produkte anfallenden Kosten sind um ein Vielfaches höher, als es Anbieter von Passivfonds verlangen könnten. Zudem stellt die Hebelwirkung gerade für unerfahrene Anleger ein nicht zu unterschätzendes Risiko dar. Wer dieses nicht eingehen möchte, kann natürlich auf die bereits verfügbaren Fonds aus dem Feld der erneuerbaren Energien setzen, verwässert damit aber natürlich seinen Anlagefokus. Wie sich Angebote für reine Wasserstoff-ETFs entwickeln, lässt sich nicht voraussagen - dass die Anbieter von Indexfonds früher oder später auch auf diesen Hype aufspringen werden, erscheint aber durchaus vorstellbar.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots)  von Alex Wehnert


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