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Börsen-Zeitung: Der Lästigkeitswert steigt

Archivmeldung vom 13.09.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.09.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Über Jahre hinweg haben sich Verbraucherschützer dafür eingesetzt, dass die Musterfeststellungsklage in Deutschland zur Verbesserung des kollektiven Rechtsschutzes möglich wird. Insofern ist das im Juni vom Bundestag verabschiedete Gesetz zur Einführung der Musterfeststellungsklage begrüßt worden, auch wenn Konstruktionsmängel wie die frühzeitige Entscheidung der Verbraucher über eine Klagebeteiligung und eine eng gefasste Klagebefugnis bemängelt werden.

Die Kompromisse, die der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) moniert, haben damit zu tun, dass sich die nach der Wahl vor knapp einem Jahr mit erheblicher Verzögerung an den Start gegangene Bundesregierung mit dem Gesetz beeilen musste. Es galt im Zusammenhang mit dem Abgasbetrug von Volkswagen Voraussetzungen zu schaffen, um eine Verjährung der Schadenersatzansprüche von Verbrauchern zu unterbinden. Dass das Gesetz am 1. November in Kraft treten wird, hat wesentlich mit der Causa Volkswagen zu tun. Autokäufer, die sich durch "Dieselgate" geschädigt sehen, können ihre Ansprüche noch bis Ende des Jahres 2018 geltend machen.

Das besondere Merkmal der Musterfeststellungsklage gegen den Autobauer, die zulässig wird, wenn sich mindestens 50 betroffene Käufer von Modellen mehrerer Konzernmarken mit EA-189-Motoren im Klageregister eingetragen haben, ist insoweit die verjährungshemmende Wirkung. Die Erfolgsaussichten der Verbandsklage sind unklar, denn es handelt sich um unbekanntes Terrain. Wie scharf oder stumpf das neue juristische Schwert ist, wird sich noch zeigen müssen. Sollte sich das Verfahren gegen VW über Jahre hinziehen, dürfte aber schon zu hinterfragen sein, ob der Nutzen mit den Kosten der beabsichtigten Verbesserung des Verbraucherschutzes im Einklang steht.

Der Wolfsburger Autobauer hält derweil trotz des Instruments der Musterfeststellungsklage an der Position fest, dass es in Deutschland keine Rechtsgrundlage für Kundenklagen im Zusammenhang mit dem Abgasbetrug gebe. Doch unabhängig von dieser Frage wird sich der Druck auf den Konzern allein wegen des Lästigkeitswerts erhöhen, der von einem weiteren jahrelangen Gerichtsverfahren ausgeht. Volkswagen hätte schon genug damit zu tun, profitabler zu werden, um Zukunftsinvestitionen besser stemmen zu können. An einer weiteren juristischen Front wird es für den Autobauer nun darum gehen, zusätzliche Belastungen im Zusammenhang mit dem Abgasbetrug zu verhindern.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Carsten Steevens

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